DGFP // Diskussionsimpuls: Digital HR: Machen wir unsere Hausaufgaben!

Fragt man deutsche Personalmanager nach dem Reifegrad ihrer Digitalisierungsstrategie, bekommt man eine breite Palette an Antworten: Die einen betreten Neuland, die anderen sehen sich an der Speerspitze der Bewegung in ihren Unternehmen und Organisationen. Fragt man die restlichen Funktionen nach dem Reifegrad von HR, ist es ein düsteres Bild, das gezeichnet wird. Die Gründe dafür, dass Fremd- und Eigenbild divergieren, sind vielschichtig und an dieser Stelle nicht weiter wichtig. Viel wichtiger sind die Antworten auf die Frage, was HR tun muss, um in der Liga „Digital“ oben mitzuspielen.

Fünf Hausaufgaben in Sachen Digitalisierung

Aus unserer Erfahrung heraus sind es mindestens fünf Hausaufgaben, die wir als Personalmanagement zu machen haben:

1. Digitalisieren wir uns!

HR gehört nicht zur Speerspitze der digitalen Revolution. Geschenkt, muss es auch nicht, die Stärken der Profession liegen in anderen Bereichen. Aber: Wer sein Business digitalisieren will, kommt um das eigene digitale Upskilling kaum herum. Nur so lassen sich Entwicklungen bewerten, der Sinn (oder Unsinn) von Investitionen abschätzen, neue Trends erkennen. Digitales Grundwissen gehört ab sofort zum Grundkanon eines jeden Personaler.

Bilden wir uns also fort im IT-Bereich, verstehen wir die Technologien in ihren Grundzügen und, vor allem, lernen wir die Sprache unserer Kolleginnen und Kollegen aus den IT-Abteilungen zu sprechen, mindestens zu verstehen! Wenn die Grenzen fließend werden, müssen wir zu Grenzgängern werden. Um beide Welten zu verknüpfen, sollte man auch beide verstehen. Aus Sicht des Personalmanagements besteht hier Nachholbedarf. Auch die (Weiter-)Bildungsanbieter sind gefragt: Die Verknüpfung zwischen Tech und HR spielt bisher zumindest noch keine signifikante Rolle, von einzelnen Bereichen wie dem Recruiting abgesehen.

2. Fragen wir nach Sinn und Unsinn von IT-Anwendungen!

Foresightanalysen, Selfservices, Social Business Collaboration – was gestern noch mühsam per Hand erstellt werden musste, lässt sich heute per Knopfdruck virtuell abbilden oder erledigen. Die Verlockungen der digitalen Welt für den eigenen Bereich oder das eigene Unternehmen sind groß. Im IT-Bereich ist die Frage nach Sinn und Unsinn von Anwendungen besonders relevant. Viel Zeit und Geld kann mit der Implementierung von Lösungen verschwendet werden, deren Mehrwert nicht vorhanden ist oder zumindest sehr fragwürdig erscheint. Nicht alles wird durch Software besser, nicht alles durch digitale Services einfacher. Manches bedeutet, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen, für manches ist die Organisation noch lange nicht bereit. Fragen wir also stärker nach Sinn und Unsinn der Anwendungen (und lassen wir uns nicht alles aufschwatzen, was technisch machbar erscheint). Investitionsfragen, die das HR-Management betreffen, müssen auch von diesem beantwortet werden, nicht von der IT. Denn es sind unsere Budgets, die auf dem Spiel stehen.

3. Entwickeln wir eine klare Roadmap!

Wer Daten auswerten, Prozesse automatisieren und Services digitalisieren will, muss wissen, was er tut, wie er es tut und wann er es tut. Die Zahl der Anwendungen ist ähnlich groß wie die Zahl der Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Projekten. Wie lassen sich Daten vereinheitlichen, wie Schnittstellen schaffen, welche Projekte sind „low hanging fruits“? Die Klassiker eines guten Projektmanagements eben.

„Entwickelt eine klare Roadmap“, lautet eine scheinbar banale Forderung an die Personaler. Dennoch, und das zeigt der Blick in viele Personalabteilungen, in Sachen Digitalisierung sind viele recht kopflos unterwegs. Hier mal eine Anwendung, da mal ein Projekt und dort eine Extrawurst für den Standort in Hannover oder Brasilien. Wer darüber hinaus das Projekt (und dessen Mittel) mit dem Launch des Services enden lässt, hat verloren. Gefragt sind Fahrpläne, die uns auf der einen Seite nicht auf Jahre festlegen und uns Luft für Experimente lassen, gleichzeitig uns, den Mitarbeitern und dem Management die notwendige Orientierung geben, wohin die Reise bei der Digitalisierung geht.

4. Bringen wir unsere Daten in Ordnung!

Wir reden über Big Data, wir reden über People Analytics. Alles richtig, alles wichtig, und dennoch häufig der zweite Schritt vor dem ersten. Bevor wir Daten im großen Stil auswerten und für das HR-Management nutzbar machen können, müssen sie vorliegen, und das in möglichst konsistenter und aktueller Form. Was einfach klingt, ist in der Praxis oftmals kompliziert: Anders als im Marketing oder in der Warenwirtschaft müssen die Daten im Personalbereich händisch gepflegt werden, was per se fehleranfällig ist. Kommen dann noch unterschiedliche Anwendungen ins Spiel, die auf die Daten zurückgreifen, geht die Gleichung nur noch schwerlich auf. Der ITler sagt nicht ohne Grund „Shit in, shit out“.

„Bringt eure Daten in Ordnung, HR!“, lautet deshalb die Forderung an das Personalmanagement. Modellieren wir die Prozesse der Dateneingabe exakter, nehmen wir unsere Mitarbeiter und Führungskräfte ins Gebet und harmonisieren wir die Systeme. Nur dann haben wir eine Chance, beim Thema Big Data vorne mitzuspielen.

5. Begleiten wir andere bei der Digitalisierung!

Das Personalmanagement nimmt im Prozess der Digitalisierung per se keine Sonderrolle ein. Auch andere Professionen und Funktionen müssen das Potenzial der technologischen Entwicklungen für sich und ihre Aufgaben nutzen. Und dennoch unterscheidet sich das Personalmanagement an einer Stelle vom Marketing, vom Controlling oder von Forschung und Entwicklung: HR muss nicht nur die eigene Digitalisierung schultern, es muss die anderen Bereiche in deren Transformationsprozessen unterstützen.

„Begleiten wir andere bei der Digitalisierung!“ Gefragt sind sowohl Mitarbeiter als auch Führungskräfte, die andere Kompetenzen und Arbeitsweisen mitbringen, wie agile Methoden oder eine ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit. Diese zu entwickeln und geeignetes Personal zu finden, ist unsere Aufgabe. Um diese Rolle auszufüllen zu können, müssen wir ernst genommen werden in Sachen Digitalisierung.

IF HR==digital THEN PRINT "HR!" ELSE PRINT "HR?”

Die Antworten auf die Frage, ob, wann und wie HR der Schritt ins neue Zeitalter gelingen wird, sind erstaunlich analog, nicht digital. Ein klares Ja oder Nein, eine Null oder Eins, gibt es nicht. Schaut man in die HR-Bereiche deutscher Unternehmen unterschiedlicher Größe und verschiedener Branchen, ergibt sich ein Bild voller Schattierungen. Für die einen ist es das vielzitierte Neuland, das es zu betreten gilt. Für die anderen, die weiter sind, sind die Roadmap geschrieben, das Upskilling im Gange, die Daten gepflegt.

Nicht zuerst an dieser Stelle, aber auch an dieser Stelle: Die Zukunft unserer Profession und Funktion wird sich auch daran entscheiden, ob es uns gelingt, das Personalmanagement zu einem Grad zu digitalisieren, der uns effizienter, effektiver und kundenorientierter macht. Die frei werdenden Ressourcen lassen sich auf das verwenden, was wir richtig gut können: gemeinsam mit den Mitarbeitern, Führungskräften und dem Management an der Zukunft unserer Unternehmen zu arbeiten.

Von Katharina Heuer, Vorsitzende der Geschäftsführung, und Christian Lorenz, Leiter Hauptstadtbüro, Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. (DGFP)

Der Text erscheint auch in unserer Zeitschrift PERSONALFÜHRUNG 5/2017.

Alle DGFP // Diskussionsimpulse finden Sie hier zum Download.

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