PERSONALFÜHRUNG Herausgeber-Interview: „Es ist kein Zufall, dass wir Topresultate haben“

Im Interview mit Birgit Bohle, Personalvorstand und Arbeitsdirektorin der Deutsche Telekom AG

Die Deutsche Telekom AG hat 2021 sehr gute Ergebnisse erzielt. Nach Birgit Bohle, seit 1. Januar 2019 Personalvorstand und Arbeitsdirektorin des Unternehmens, ist es kein Zufall, dass bei der Telekom gute Finanzzahlen mit guten Werten etwa beim Mitarbeiterengagement und in anderen Feldern der HR Arbeit korrelieren. Als eine wichtige Aufgabe sieht sie es, die Bedeutung der Kultur des Unternehmens als Wertekompass für die Beschäftigten stetig ins Bewusstsein zu rufen und aktiv zu gestalten. Um dem Ziel der Telekom, Leading Digital Telco zu werden, seitens HR zum Erfolg zu verhelfen, betont sie die Bedeutung von Führungskräften, die digital-technisch kompetent sind, und einem durch die HR IT unterstützten Skill-Management.

Birgit Bohle ist seit 1. Januar 2019 Personalvorstand und Arbeitsdirektorin der Deutsche Telekom AG, Bonn. Sie verantwortet zudem das Vorstandsressort Recht. Von 2007 bis Ende 2018 war Birgit Bohle in verschiedenen Managementpositionen bei der Deutsche Bahn AG tätig. Von August 2015 bis Oktober 2018 war sie Vorsitzende des Vorstands der DB Fernverkehr AG. Bohle begann ihre berufliche Laufbahn 1992 bei BASF mit einer Ausbildung zur Industriekauffrau. Sie studierte anschließend Betriebswirtschaftslehre an der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung (WHU) in Koblenz und an der ESC Nizza. Parallel machte sie einen MBA an der University of Texas in Austin.

Frau Bohle, der Angriff Russlands auf die Ukraine schockiert die Welt. Welche personalpolitischen Konsequenzen hat die Telekom gezogen?

Birgit Bohle Wir sind als Unternehmen – wie alle in unserer Gesellschaft – davon tief betroffen und haben das, was wir sehr originär tun können, nämlich beispielsweise Flüchtenden SIM-Karten oder Powerbanks kostenlos zur Verfügung zu stellen, sofort initiiert. Ich war selbst gestern bei der Ausgabe von SIM-Karten in Berlin mit dabei. Konnektivität und miteinander verbunden sein gewinnt hier eine ganz andere Bedeutung. Wir hatten als Unternehmen kein signifikantes Geschäft in Russland, und wir haben unsere Entwicklertätigkeiten dort eingestellt. Den etwa 2 000 Programmiererinnen und Programmierern in Russland haben wir angeboten, wenn sie raus wollen, das möglich zu machen. Die Mehrheit hat dieses Angebot angenommen. Und wir haben begonnen, Projekte zu verlagern und woanders zu programmieren. 

Wir leben in dramatischen Zeiten, das zeigt auch der Geschäftsbericht der Telekom. Darin heißt es, die Begleitung der Mitarbeitenden durch Krisen habe 2021 für Sie als Personalchefin Priorität gehabt. Hätten Sie jemals gedacht, Mitarbeitenden in Deutschland nach einer Flutkatastrophe beispielsweise Sonderurlaub zu gewähren?

Bohle Dass wir, angefangen von der angesprochenen Naturkatastrophe über die Pandemie und jetzt bis hin zur Invasion von Putin in der Ukraine, als Gesellschaft, als Menschen, als Unternehmen enorm gefordert sind? Nein, das hätte ich mir vor drei oder fünf Jahren in diesen Extremen nicht vorstellen können. Aber es ist auch eine Selbstverständlichkeit für mich persönlich und für uns als Unternehmen, unseren Beitrag zu leisten. Wir haben als eine von sechs Leitlinien definiert: „Ich bin die Telekom – auf mich ist Verlass.“ Wir haben eine tolle Kultur des Zusammenhalts, und die spüren wir in solchen Situationen unmittelbar. Wir geben dann als Unternehmen auch etwas zurück an unsere Mitarbeitenden. Denn die krempeln einfach die Ärmel hoch und gehen los und helfen, ob im Ahrtal bei der Flut oder jetzt in Warschau und am Hauptbahnhof in Berlin. 

Gespräche führen, qualitative Feedbacks einholen

Als ehemalige Vorsitzende des Vorstands der DB Fernverkehr AG oder als Vertriebschefin konnte das Ergebnis Ihres Tuns täglich an Zahlen abgelesen werden. Vermissen Sie als Personalvorständin das quantitative Feedback?

Bohle Es ja nicht so, dass wir in HR im zahlenfreien Raum leben; wir messen sehr wohl unsere Leistung. Ich nenne Ihnen mal ein paar für uns ganz wichtige Kennzahlen. Mitarbeiterengagement: Weil wir aus der vollsten Überzeugung agieren, dass die Menschen hier den Unterschied machen und dass begeisterte Mitarbeiter Kunden zu Fans machen. Wir schauen uns an, wie wir mit der Skill-Transformation weiterkommen und wie attraktiv wir als Arbeitgeber sind. Und wir haben natürlich auch einen Blick auf die Personalproduktivität oder unsere Gesundheitsquote, die in Pandemiezeiten extrem wichtig ist. Ich genieße es, als Personalvorständin viele Gespräche zu führen, mit Mitarbeitenden, mit Führungskräften oder mit Kandidaten, um noch tiefer zu bohren und Impulse setzen zu können. Da erhalte ich Feedback zur Kultur des Unternehmens, zu unserer Diversität oder wie wir von Kandidaten wahrgenommen werden. Das ist dann in der Tat ein Unterschied: Ich habe nicht jeden Tag meinen Zahlencockpit vor mir liegen, aber ich nehme mir Zeit, diese qualitative Perspektive sehr stark einfließen zu lassen. In meinen früheren Positionen war mir auch schon wichtig, vor Ort zu sein und Gespräche zu führen, das kann ich aber jetzt noch stärker leben.

Muss die HR-Funktion nicht vehementer vertreten, dass in ihrem Bereich manche Zusammenhänge nicht unmittelbar messbar sind?

Bohle Es ist doch kein Zufall, dass wir als Telekom Topresultate in allen Dimensionen haben, dass wir hervorragende Finanzzahlen haben, dass wir eine super Kundenzufriedenheit haben – und dass wir ausgezeichnet beim Mitarbeiterengagement sind und eine hohe Gesundheitsquote vorweisen können. Das muss immer wieder ins Bewusstsein gerufen werden, dass es diesen Zusammenhang gibt. Auch wenn er nicht wie eine Preis- oder wie Marketingaktionen funktioniert, die ich heute mache und morgen gleich in den Zahlen sehe. Es ist gleichwohl wichtig, im Personal auch mit Zahlen zu arbeiten, weil Zahlen eben die Währung sind, die von anderen im Unternehmen verstanden wird. Mindestens genauso wichtig ist aber auch, vom positiven Menschenbild her zu kommen und zu sagen: Ja, wir haben eine feste Überzeugung.

Humankapitalbewertung: Die gemeinsame Währung fehlt (noch)

Das Human Capital Management steht im Fokus institutioneller Anleger, wie eine Studie zeigt, an der die DGFP mitgewirkt hat. Demnach werden Kennzahlen wichtiger – zur Kultur oder zur Entwicklung von Führungskräften.

Bohle Es ist ohne Frage so, dass in der Diskussion um ESG etwa Fragen rund um Nachhaltigkeit oder auch die Ausgestaltung von Anreizsystemen im Unternehmen für Investoren immer stärker an Bedeutung gewonnen haben. Wo Investoren aus meiner Wahrnehmung noch kaum hinschauen, ist die Frage nach dem Mitarbeiterengagement oder auch die, wie die Skill-Transformation in einem Unternehmen voranschreitet. Ein Grund mag sein, dass Investoren dafür einheitlich definierte Kennzahlen brauchen – und da fehlt in weiten Teilen noch eine gemeinsame Währung. Wir haben versucht, dem Kapitalmarkt mal ein Angebot zu machen, indem wir gesagt haben, wir messen bei uns den Anteil digitaler Experten. Aber den definieren wir möglicherweise anders, als das ein Wettbewerber tut, und die allermeisten definieren das überhaupt nicht. Da fehlt also noch etwas, damit die Human-Capital-Bewertung viel stärker ein Thema wird.

Die Kultur des Unternehmens zu gestalten, ist seit Jahren bei der Telekom ein Topthema. Kultur ist jedoch nicht selten etwas, das nicht unmittelbar sichtbar ist. Wie gestalten Sie die Kultur?

Bohle Ich würde Ihnen da widersprechen. Kultur kann sehr wohl extrem spürbar sein. Wenn Menschen wie geschildert im Ahrtal anpacken oder spontan an den Bahnhöfen SIM-Karten für Flüchtlinge austeilen. Oder wenn sie in der Pandemie ihre Rechner in die Autos packen und von zu Hause weiter Service machen. Dann wird spürbar: Der Einzelne ist ein Teil der Organisation, auf ihn ist Verlass. Für mich ist unsere Kultur ein wichtiger Treiber unseres Unternehmenserfolgs. Als ich 2019 hier angefangen habe, war einer meiner ersten Taten, zu sagen, wir haben eine starke Kultur und die wollen wir weiterentwickeln und lebendig gestalten. Wir nennen das Living Culture. Wir haben unsere Identität geschärft und uns einen Purpose gegeben. Im Kern geht es da um die Frage: Warum stehen wir eigentlich morgens auf, wofür gehen wir alle zur Arbeit? Und wir haben überlegt, welche Unternehmenswerte, welche Leitplanken wir dafür brauchen. Diese Werte sind wie ein Kompass, und Unternehmenskultur war nie so wichtig wie heute, gerade weil sich so viel verändert in der Welt. 

2021 hatten Sie einen virtuellen Living Culture Day mit 5 000 Teilnehmenden. Stellt Sie das schon zufrieden? 

Bohle Das habe ich mit meinem Team auch diskutiert, allerdings muss die Zahl qualifiziert werden. Viele unserer Mitarbeitenden treffen sich zum Living Culture Day und wählen sich dann als Team ein. Viel wichtiger: Lebendige Kultur wird nicht an einem Tag gemacht, sondern an 365 Tagen im Jahr. Das ist eine Führungsaufgabe. Und unsere Aufgabe als Personaler ist es, Leben reinzubringen und zu sagen, wie wir beispielsweise in unseren Personalprozessen Kultur verankern und wie sich die Führungskräfte und Kolleginnen und Kollegen auf unsere Werte beziehen können. Immer wieder unsere Kultur ins Bewusstsein zu rufen und unser Handeln darauf auszurichten, das ist mein Anspruch.

Der Purpose der Telekom lautet: „Wir geben uns erst zufrieden, wenn alle dabei sind.“ Kann 216 000 Mitarbeitenden der Sinn ihrer Arbeit „vorgegeben“ werden?

Bohle Nein, das kann man nicht und das haben wir auch nicht getan! Wir haben uns vielmehr ein ganzes Jahr lang Zeit für den Living-Culture-Prozess genommen und in Workshops gerade auch um diesen Purpose gerungen. Wir haben mit über 5 000 Menschen in allen Ländern in virtuellen, aber auch in physischen Workshops diskutiert und gefragt, was unsere Identität ist. Daraus haben wir Vorschläge erarbeitet und uns als Vorstand zwei Tage lang damit intensiv beschäftigt. Und ja, am Ende haben wir uns dann als Vorstand entschieden für „We won‘t stop until everyone is connected“. 

Mindestens genauso wichtig ist Mitarbeitenden ein förderliches Arbeitsklima, vom Unternehmen unterstützt zu werden und die eigenen Fähigkeiten adäquat einbringen zu können. Wie passt das zum New-Work-Verständnis der Telekom?

Bohle Hundertprozentig! Hinter New Work steht ein positives Menschenbild, dass Menschen wollen, dass Menschen können und dass Menschen sich ganz in die Arbeit einbringen möchten. Unsere Aufgabe als Personaler ist es, das zu fördern und dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen, Möglichkeiten zu schaffen, zu lernen und sich zu entwickeln, mit Führungskräften zu arbeiten, die in der Lage sind, Verantwortung abzugeben, die ihren Mitarbeitenden vertrauen und über Visionen und klare Ziele führen und die als Coach agieren. 

Führungskräfte brauchen digital-technische Kompetenz

Sie betonen, bei Führungskräften würden Hard Skills wieder wichtiger, insbesondere digital-technische Kompetenz. Zugleich sollen diese visionär führen, empathisch sein und coachen. Das klingt nach der Quadratur des Kreises... 

Bohle Wenn unsere Strategie lautet, Leading Digital Telco zu sein, dann halte ich es für absolut essenziell und unerlässlich, dass die Führungskräfte kompetent in dem sind, wie wir diese Strategie ausfüllen. Wir können ja nicht beispielsweise Cloud-Architekturen als eine Kernstrategie definieren, und die entsprechenden Führungskräfte kennen das Thema nur als Schlagwort. Das sagen ganz klar auch die digitalen Talente, die für uns immer wichtiger werden: Die wollen sich auf inhaltlicher Ebene mit ihren Führungskräften austauschen und kompetente Gesprächspartner haben. Sie haben schon recht, der Anspruch an Führungskräfte wächst, das ist aber nichts Neues. Wir betonen aus der Logik unserer Strategie heraus diese digital-technische Komponente. 

Ist die Trennung von fachlicher und disziplinarischer Führung, was in der agilen Welt nicht selten ist, eine Option? 

Bohle Ja, durchaus. Wir arbeiten heute in vielen Bereichen agil und trennen dann auch zwischen fachlicher und disziplinarischer Verantwortung. Das ist, wie Sie sagen, ein wesentliches Merkmal der agilen Arbeitsweise. Aber der erforderliche Wandel in der Führung betrifft ja alle Bereiche, nicht nur diejenigen, die agil arbeiten. Grundsätzlich müssen sich Führungskräfte auf die Veränderungen in der Arbeitswelt einstellen und ihr Führungsverhalten entsprechend anpassen. 

New Work ist mehr als das Arbeiten im Homeoffice, also virtuell zu führen und zusammenzuarbeiten. Damit haben Sie im vergangenen Jahr und dem davor als Unternehmen viele Erfahrungen machen können. Was haben Sie daraus gelernt?

Bohle Zunächst möchte ich unterstreichen, dass wir ganz viele Menschen haben, die nicht im Büro arbeiten können. Denken Sie an die Menschen, die in unseren Shops arbeiten, oder an die Servicetechniker, die vor Ort Leitungen bereitstellen oder das Heimnetzwerk beim Kunden instand setzen. Wir müssen drauf achten, dass wir diese Menschen mitnehmen. Wenn Sie heute in einen Telekom-Shop gehen, sprechen wir nicht explizit über New Work, aber Sie werden es spüren: Wir wollen dort Kunden zu Fans machen. Und im Servicecenter ist nicht mehr die Dauer des Gesprächs mit dem Kunden der Gradmesser, sondern ob sein Thema wirklich zu seiner Zufriedenheit gelöst werden konnte. Das bedeutet, dass wir Mitarbeitenden Freiraum bei ihren Entscheidungen geben. Aber jetzt zu Ihrer eigentlichen Frage: Natürlich haben wir eine Menge über virtuelles Arbeiten gelernt, und zwar zuallererst, dass es sehr gut funktioniert! Wir sehen, dass Menschen es schätzen und dort produktiv arbeiten können. Auch der Wegfall langer Fahrtzeiten und das Familiäre noch besser mit dem Beruf verbinden zu können, sind wichtige Faktoren. Aber auch Inklusion fällt leichter, insbesondere von Teams, die an unterschiedlichen Standorten arbeiten. Wenn sich alle einwählen, dann ist das ein demokratischeres „All-hands“, als wenn eine Gruppe vor Ort ist und alle anderen sind nur virtuell dabei. Wir haben auch gesehen, dass viele Führungskräfte unglaublich investiert haben in den Zusammenhalt ihrer Teams. Es gab virtuelle Geschichten am Lagerfeuer, virtuelles Kochen oder virtuelle Gesprächsräume.

Gleichermaßen sehen wir aber auch die Grenzen der virtuellen Zusammenarbeit. Es fällt schwerer, Teams neu zu formen, es fällt schwerer, Menschen neu ins Unternehmen zu integrieren, junge Menschen, Azubis, duale Studierende mit uns vertraut zu machen und ihnen Dinge beizubringen. Berufs- und Privatleben verschwimmen, was auch zu Belastungen führt. Und wir sind nicht mehr so nah dran, wissen nicht genau, wie es den Leuten wirklich geht. Aus einem unserer Bereiche weiß ich zum Beispiel, dass über zehn Prozent der Kolleginnen und Kollegen in den letzten zwei Jahren nicht ein Mal im Büro waren! Gerade jetzt ist es uns deshalb wichtig, wieder in echte Begegnungen, in unsere Identität, unsere Kultur zu investieren. Und zwar vor Ort in unseren Büros. Die Gestaltung dieser neuen Phase der Rückkehr in die Büros ist eine wichtige Führungsaufgabe. Wir glauben also an das Beste aus beiden Welten. Virtuelles Arbeiten wird einen deutlich höheren Anteil haben als vorher, aber wir halten es für wichtig, dass wir auch regelmäßig in unseren Büros zusammenkommen. 

Erwartungen an New Learning

Eng verknüpft mit New Work ist New Learning. Da sind Sie bei der Telekom sehr umtriebig und unterstützen selbst gesteuertes Lernen. Wird Lernen zunehmend abhängig von der Lernbereitschaft der Lernenden?

Bohle Wir haben uns sehr genau angeguckt, welche strategischen Felder für uns bei der Digitalisierung essenziell sind. Das Thema Cloud-Technologie habe ich schon angesprochen. Wenn Sie sich anschauen, welche Lernangebote wir machen, dann werden Sie das erstens als sehr gut aus der Strategie abgeleitet erleben. Zweitens aber auch abgeleitet von der Personalplanung: Wir fragen, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten wir zukünftig brauchen, wovon wir mehr brauchen und wo Berufe und Tätigkeiten sind, die weniger Zukunft haben. Neben dieser strategischen Gesamtperspektive haben wir dann für unsere Leute einen Skill-Managementprozess aufgesetzt. Wir haben im vergangenen Jahr dazu Gespräche mit 30 000 Mitarbeitenden zu ihren Fähigkeiten, Perspektiven und Lernangeboten geführt. Eine unsere Leitplanken lautet: „Bleibe neugierig und wachse.“ Damit formulieren wir auch eine Erwartung an die Menschen. Und ja, Sie haben recht: Am Ende „tragen wir sie nicht zum Jagen“, wir machen jedoch deutlich, was uns wichtig ist, und machen Angebote. 

Eine Ihrer Topaufgaben als Personalchefin der Telekom ist es, eine zukunftsfähige Organisation zu schaffen. Was verstehen Sie darunter?

Bohle Unser Anspruch ist es, das beste Team der Branche zu sein. Nur dann werden wir die Leading Digital Telco. Mein persönlicher Anspruch ist, dass wir das mit genauso viel Herzblut nach vorne treiben wie weiter die besten Netze zu haben und Kunden zu Fans zu machen. Wie eine Organisation der Zukunft aussieht, würde ich gerne mit den folgenden Schlagworten zusammenfassen: Wir müssen weiterhin schlank sein. Wir müssen aber auch flexibel, adaptiv und resilient sein. Wir müssen die Organisation so gestalten, dass wir uns an neue Entwicklungen sehr schnell anpassen können. Die agilen Organisationsformen, die wir in vielen Bereichen schon eingeführt haben, helfen uns dabei. Wenn es drum geht, Arbeit schnell neu und effizient zu organisieren, Teams neu zusammenzusetzen und andere Schwerpunkte zu setzen, sind agile Strukturen und Organisationsformen extrem adaptiv. Besonders wichtig ist mir, dass wir das vom Menschen her denken. Das ist mit menschenzentrierter Mitarbeiterführung gemeint.

Geringerer Personalbedarf

Auch Ihr Unternehmen steht vor Transformationsprozessen. Was bedeutet das für Ihre Workforce in Deutschland, wo die Zahl der Telekom-Beschäftigten seit Jahren sinkt? 

Bohle Ja, wir sind in den vergangenen Jahren – und das planen wir auch für die Zukunft – kontinuierlich schlanker geworden, und das sehr sozialverträglich. Unsere Produkte und Servicequalität haben sich deutlich verbessert, dadurch sind wir in der Lage, Anliegen unserer Kunden schon im ersten Kontakt zu lösen. Das führt zu einem geringeren Personalbedarf. Und natürlich gilt für uns auch, dass wir Automatisierung und Digitalisierung von Prozessen, wo immer das möglich ist, hausintern nutzen. Manche Arbeiten fallen dann weg. Wir haben zudem den Anspruch, in flacheren Strukturen zu arbeiten. Weil wir dann schlicht schneller sind. Auch das hat Auswirkungen auf unsere Workforce. Wichtig ist mir, dass der Umbau sozialverträglich passiert, dass wir dabei auch deutlich machen, welche Entwicklungsperspektiven es womöglich in anderen Aufgaben gibt. Mit unseren Sozialpartnern haben wir diesen Umbau fair und konstruktiv gestaltet. Das wollen wir auch künftig so tun.

HR-IT ist ein Topthema für Sie als Personalleiterin der Telekom. Was heißt das mit Blick auf die Digitalisierung und Automatisierung in der Funktion?

Bohle Für uns ist klar, dass zu einer Leading Digital Telco IT Systeme und Prozesse gehören, die diesem Anspruch gerecht werden. Unsere Führungskräfte und Mitarbeitenden gehen an unsere Personalplattformen, unsere Personalprozesse, unsere Mitarbeiter-App zu Recht mit dem gleichen Anspruch heran wie ein Kunde, der auf unsere Webseite geht oder unsere App benutzt. Wir wollen nicht, dass unsere Leute ihre Zeit mit Personalprozessen verbringen, wir wollen, dass sie sich mit ihrer Arbeit auf die Bedürfnisse unserer Kunden konzentrieren können. Daher müssen die HR-Prozesse so einfach, so digital, so automatisiert wie möglich sein. Dafür brauchen wir natürlich einwandfreie IT-Systeme, in die wir noch mehr investieren müssen. Nehmen wir als Beispiel das Skill-Management und die Erweiterung der digitalen Skills. Wir brauchen eine klare Transparenz, wo wir stehen. Da haben wir auch noch Arbeit vor uns. Also wenn ich mir Amazon anschaue: Die haben auf Knopfdruck weltweit alle Employee-Daten. Wir müssen dagegen noch mehrere Systeme zusammenführen, um zu wissen, wie viele digitale Experten wir haben und wo wir welche Fluktuation haben. Das müssen und werden wir ändern.

Frau Bohle, vielen Dank für das Gespräch!

Das Gespräch führten Ralf Steuer und Rainer Spies.

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