PERSONALFÜHRUNG Herausgeber-Interview: „Wann, wenn nicht jetzt, ist Zeit für HR?“

Ilka Horstmeier, Personalvorständin bei BMW

BMW will das grünste Auto der Welt bauen – für das Münchener Unternehmen ist das eine neue Interpretation des Slogans „Freude am Fahren“, der seit den 1960er-Jahren die Produktwerbung prägt und auf die typische Sportlichkeit der Marke hindeutet. Personalvorständin Ilka Horstmeier sieht darin keinen Widerspruch. Ihr Kernanliegen ist Innovation, also die Fähigkeit eines Unternehmens, notwendige Kurskorrekturen im Business zu antizipieren und bestmöglich zu gestalten. Dem Personalmanagement falle dabei eine Schlüsselrolle zu, sagt Horstmeier, weil es die Mitarbeitenden auf die Zukunft vorbereite.

ilka horstmeier fing 1995 als Trainee bei BMW in München an. Die Diplom-Kauffrau sammelte Erfahrungen in der Personal- und Organisationsentwicklung und verknüpfte diese sehr früh mit operativen Aufgaben in Produktion und Logistik. 2001 wurde sie Leiterin Strategieentwicklung und Produktionskonzepte. Ab 2005 folgten Leitungsfunktionen in den Werken Dingolfing und Regensburg, 2012 die Leitung der Konzerninitiative „Zukunftsfähige Beschäftigungsstrukturen“. Von 2013 bis 2018 war Horstmeier Leiterin Produktion und Planung Motoren und E‑Antriebe bei BMW, danach Werksleiterin in Dingolfing. Seit November 2019 ist Horstmeier, heute 52, Mitglied des Vorstands der BMW AG für Personal- und Sozialwesen sowie Arbeitsdirektorin.

Sie waren Produktionsleiterin für Motoren und E‑Antriebe bei BMW, haben das Werk Dingolfing geleitet und die E‑Mobilität vorangetrieben. Aber Sie sind keine Ingenieurin, sondern Diplom-Kauffrau. Woher kommt diese Begeisterung für Technik?

ilka horstmeier Technische Innovationen haben mich schon immer fasziniert. Ich war Schülerin am Reinhard-und-Max-Mannesmann-Gymnasium in Duisburg, das nach den Erfindern eines Verfahrens zur Herstellung von nahtlosen Stahlrohren benannt ist. Dieses Verfahren hat einen großen Fortschritt im Maschinenbau gebracht, weil die Drücke besonders in Hochleistungsmaschinen extrem hoch sind und die dafür benötigten Rohrleitungen besonders fest sein müssen. So haben die Brüder Mannesmann vor über 130 Jahren durch ihre Erfindung viele Branchen – von Chemie über Maschinenbau bis Architektur –revolutioniert. Das gleiche Innovationspotenzial sehe ich im Automobilbau und bei BMW. Natürlich gibt es individuelle Mobilität schon seit 100 Jahren, aber uns ist bewusst, dass diese Mobilität sich neu erfinden muss. Wir wollen die Themen Nachhaltigkeit, Vernetzung und Sicherheit in die Zukunft fortschreiben. Das erfordert innovative Lösungen, und die bringt ein Unternehmen wie das unsere hervor.

In BMW-Werk Dingolfing werden in der Produktion von E‑Antriebskomponenten bis zu 2 000 Stellen geschaffen. Woher nehmen Sie in Niederbayern die dafür benötigten Ingenieure und Techniker?

horstmeier In einer Transformation – eine solche durchlebt BMW zweifellos, was E‑Mobilität betrifft – ist die zentrale Frage zunächst: Wie schaffe ich es überhaupt, dass etwas Neues entstehen kann? Welchen Mehrwert können wir mit unseren Entwicklungs- und Produktionsplanungsleistungen, mit unserem Know-how erzielen, um dem Unternehmen ein Produkt zur Verfügung zu stellen, das Kunden begeistert und im Wettbewerb überzeugt? Dies ist uns gelungen, auch mit der Fertigung einer sehr performanten E‑Maschine in Dingolfing. Ganz wichtig ist für uns, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitzunehmen, sie für den Wandel zu begeistern und ihnen ein breites Angebot an Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen zu bieten. Bei dieser Transformation geht es auch darum, frühzeitig Entscheidungen zu treffen, was wir künftig nicht mehr tun werden, um Ressourcen für die Veränderung zu haben. Wir haben im vergangenen Jahr entschieden, dass wir unser Motorenwerk in München bis 2024 auslagern werden und stattdessen auf dem Areal in Zukunft vollelektrische Fahrzeuge produzieren werden. Jetzt sind wir dabei, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus München in Dingolfing weiterzuentwickeln und in die Verantwortung für die neuen Kompetenzfelder zu bringen. 90 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die wir in Dingolfing in unserem Kompetenzzentrum für Elektroantriebskomponenten einsetzen, kommen aus dem eigenen Haus. Das zeitliche Matching ist dabei eine spannende Herausforderung. Wir müssen den Mut haben, frühzeitig und – was das Motorenwerk in München anbelangt – nicht erst im Jahr 2024 zu entscheiden, wie es weitergeht.

starke arbeitgebermarke

Natürlich hilft auch eine starke Arbeitgebermarke, Talente zu gewinnen – gerade in Krisenzeiten. Wir sind in diesem Jahr bei der Trendence-Studie zum zehnten Mal in Folge zum beliebtesten Arbeitgeber bei den Professionals gewählt worden. Dieses Ergebnis erfüllt uns mit Freude und ist Ansporn zugleich. Wir müssen uns auf die Anforderungen der zukünftigen Generationen einstellen und im Wettbewerb um die Schlüsselqualifikationen der Zukunft bestehen. Deswegen entwickeln wir zum Beispiel unsere Zusatzleistungen weiter, gerade haben wir unser Altersvorsorgemodell umgestellt und noch attraktiver gemacht.

Der Kompetenz- oder Skill-Shift, den Sie beschrieben haben, betrifft einen Großteil der 60 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Produktion. Was ist mit den administrativen und kaufmännischen Bereichen?

horstmeier Die großen Veränderungsthemen Elektrifizierung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit betreffen alle Unternehmensbereiche. In der Logistik sind beispielsweise autonome Routenzüge ein großes Thema – da brauchen Sie vielleicht bald weniger Staplerfahrer und stattdessen mehr Spezialisten, die diese Züge programmieren. Genauso kehrt die Hochvolttechnologie in der Montage elektrischer Fahrzeuge ein. Also auch hier findet eine entsprechende Weiterqualifizierung statt. Und ebenso verändert sich in den administrativen Bereichen viel durch die Digitalisierung. Denken Sie zum Beispiel an die Möglichkeiten von Data Analytics. Und unser Kundenerlebnis gestalten wir immer mehr physisch und digital zugleich, wir sprechen hier von „Phygital Customer Experience“. Die IT und das Business wachsen noch enger zusammen. Heute können Sie keinen Prozess mehr gestalten, ohne das Datenmodell dahinter verstanden zu haben. Und weil das Wissen gerade in der digitalen Welt so schnelllebig ist, brauchen wir die Bereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum lebenslangen Lernen und natürlich passende Angebote durch das Unternehmen.

Die Politik will den Verbrenner aus dem Markt drängen. Sorgt das für Unruhe im Unternehmen? Wie geht das Personalmanagement mit der emotionalen Seite des Themas um?

horstmeier Noch gibt es kein Gesetz dazu. Vielmehr handelt es sich um einen Vorschlag der EU‑Kommission, der in den nächsten zwei Jahren zu einem Gesetzgebungsprozess führen wird. Wir sollten vorsichtig damit sein, jetzt schon ein Ausstiegsdatum für den Verbrenner zu verkünden. Trotzdem beschäftigt sich HR bereits jetzt mit der Transformation. Wir sprechen sehr viel mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und merken, wie sehr sie das Thema bewegt.

wandel ist die einzige konstante

Wichtig ist mir, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bei uns eine Ausbildung machen oder jung einsteigen, verstehen, dass noch mehr als in der Vergangenheit der Wandel wahrscheinlich die einzige Konstante im Berufsleben sein wird. Das bedingt permanente Lern- und Veränderungsbereitschaft bei jedem Einzelnen. Dafür müssen wir schon in den Schulen und Universitäten, in der Berufsausbildung die Spur legen. Das ist das eine. Das andere ist, wir müssen den Menschen zeigen, dass wir uns um sie kümmern. Und dass wir verantwortungsvoll mit dieser Transformation umgehen. Noch mal zurück zum Beispiel des Motorenwerks München: Es ist die Wiege von BMW, was den Motorenbau betrifft. Wir haben die Veränderung sehr frühzeitig vorbereitet, mit intensiver Kommunikation, Trainings für die Führungskräfte und konkreten Schritten, wie wir mit jedem einzelnen Mitarbeiter umgehen. Menschen brauchen in der Veränderung Vertrauen und Perspektiven. So können wir die Menschen im Prozess des Wandels mitnehmen. Das heißt, sie brauchen die Sicherheit, dass wir verantwortungsvoll mit dem Thema umgehen. Es ist eine anspruchsvolle Führungsaufgabe, die dahintersteht.

Veränderungsbereitschaft und Lernfähigkeit fliegen Mitarbeitern nicht einfach so zu. Welche konkreten HR-Instrumente wendet BMW an, um sie zu unterstützen?

horstmeier Für mich ist eine gute strategische Personalplanung das Fundament aller HR-Instrumente. Daraus lassen sich Zukunftsanforderungen sowie qualitative und quantitative Personalbedarfe ableiten. So erfahren wir frühzeitig, wie wir Ausbildung und Qualifizierung weltweit weiterentwickeln müssen. Wichtig ist auch, dass wir nicht nur eine Führungskarriere, sondern seit einigen Jahren auch eine Expertenkarriere anbieten. Viele Experten, ob in der Batterieentwicklung oder im Bereich des autonomen Fahrens, wollen nicht disziplinarische Führungskraft werden, sondern ihr Expertentum konsequent ausbauen. BMW zeichnet sich dadurch aus, dass wir ressortübergreifende Wechsel fördern. Das ist ein ganz starkes Instrument. Nehmen wir das Zusammenspiel zwischen Entwicklung, Einkauf und Produktion: Da arbeiten drei Unternehmensressorts intensiv zusammen, sitzen in einem Gebäude, entwickeln gemeinsam Produkt und Prozess bis hin zur Industrialisierung und Produktion. Bei einer so komplexen Integrationsaufgabe, wie wir sie zu bewältigen haben, können die Menschen nicht in Silos arbeiten.

das produkt und das unternehmen weiterentwickeln

Wenn ich speziell auf das Thema Innovationsfähigkeit eingehe, dann finde ich, dass manche Unternehmen zu kurz springen. Klar ist es wichtig, die richtigen Menschen mit den richtigen Fähigkeiten, der richtigen Kreativität, dem richtigen Mut zu finden. Aber ich glaube, ein Unternehmen muss viel früher ansetzen und sich fragen, ob es auch die richtige Strategie hat. Die BMW Group entwickelt ihre Innovationsstrategie immer weiter, und das auf zwei Ebenen: zum einen die produktbezogene, auf der es um die Frage geht, welches die wichtigen Innovationen beim elektrifizierten, automatisierten Fahren und für das Interieur und Exterieur Design unserer Produkte sind. Und auf der Unternehmensebene geht es darum, wie man Prozesse intelligenter digitalisiert, wie man digitale Geschäftsmodelle entwickelt oder mehr in Richtung eines antizipierenden Systems kommt.

Welche Rolle spielt die Arbeitsumgebung? Das Homeoffice hat eher den Ruf, eine Innovationsbremse zu sein.

horstmeier Sie müssen den Menschen einen Raum geben, ich sage bewusst „einen“ Raum, damit Innovation gelingt. Vergangenes Jahr haben wir unser Forschungs- und Innovationszentrum FIZ Nord eröffnet, ein Gebäude mit einer beeindruckenden Architektur und hoher Funktionalität. Alles ist unter einem Dach, die Büros, die Werkstätten. Es entsteht ein Raum der Vernetzung und Kollaboration, der das Zusammenspiel von Brain und Hardware ermöglicht. Das Arbeitsumfeld kann viel bewegen. Ich sage das aus Herzensüberzeugung, weil ich auch für das Immobilienmanagement bei BMW zuständig bin und damit für People und Places bei BMW. Es gehört aber auch dazu, dass sie in Partnerschaften und in einem Ökosystem agieren, das heute zwingend notwendig ist, um Innovationen auf die Straße zu bringen. Ich denke bei uns vor allem an die Hochschulen, mit denen wir zusammenarbeiten, außerdem die Start‑ups und auch Konsortien. Wir haben gerade mit der TU München einen Lehrstuhl für Quantencomputing ins Leben gerufen. Dies ist eine wesentliche Technologie, die uns neue Möglichkeiten in der Materialanalyse, in der Materialforschung, in der Batteriezellchemie bringt. Das zweite Beispiel ist, dass wir das Quantum Technology and Application Consortium gegründet haben, zusammen mit Firmen wie BASF, Siemens oder Infineon. Wir liefern die Anwendungsfälle, um Quanten Computing industrialisierbar zu machen. Sie müssen Plattformen – ob analog oder virtuell – schaffen und anwendungsorientiert denken. Dann funktioniert Innovation, und dann bin ich mir sicher, dass die BMW Group weiter an der Spitze der Lösungsfindung stehen wird.

Zur Veränderungsfähigkeit einer Organisation gehört ein gewisser Austausch im Sinne von Mitarbeiterfluktuation. Schließlich sollen regelmäßig neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter integriert werden. Wie steuern Sie Fluktuation?

horstmeier Tendenziell ist die Fluktuation bei BMW sehr gering. Regelmäßige Umfeldanalysen, der Abgleich mit der Unternehmensstrategie und der Austausch mit den Führungskräften ermöglichen es, frühzeitig und strategisch zu antizipieren, welche Herausforderungen auf das Unternehmen zukommen. Daraus lässt sich ableiten, welche Talente das Unternehmen braucht. Die Frage ist, ob ein Unternehmen zehn Prozent Fluktuation braucht, um „frisch“ zu bleiben. Ich bin mir nicht sicher. Man muss sehr genau schauen, wie veränderungs- und lernbereit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind. Es mag Bereiche geben, wo sich Kompetenzfelder schneller drehen. Da könnte eine höhere Fluktuation hilfreich sein. Ich kann mir aber viele andere Bereiche vorstellen, wo ich für hohe personelle Kontinuität nicht undankbar wäre. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Das Motorenwerk in Steyr – für mich ein sehr bekanntes Werk, weil ich in meiner Zeit als Leiterin der Antriebsproduktion dort auch verantwortlich war – verfügt über große Kompetenz in der mechanischen Bearbeitung von Kurbelgehäusen und Zylinderköpfen. Da bin ich sehr froh, dass wir keine hohe Fluktuation haben und das Wissen praktisch von Generation zu Generation übergeben wird.

BMW landet regelmäßig auf vordersten Plätzen in Arbeitgeber-Imagerankings. Auch das ist ein Hinweis auf geringe Fluktuation.

horstmeier Studien zeigen, dass Menschen zunehmend eine sinnhafte Aufgabe haben wollen. Bewerberinnen und Bewerber kommen zu uns, weil wir ihnen genau das bieten. Denn wir machen die individuelle Mobilität elektrisch, vernetzter und nachhaltiger. Und wir entwickeln sie, wir begleiten sie – auch durch die Transformation. Wir sind ein verlässlicher Arbeitgeber. Das spricht sich herum und ist gerade auch attraktiv für junge Menschen. Wir haben einen ausgeprägten Anspruch an Nachhaltigkeit und Verantwortung, das bildet die Grundlage für das Handeln unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Thema Nachhaltigkeit rückt in den Fokus vieler junger Menschen. Im Sinne unserer Grundwerte Verantwortung, Wertschätzung, Offenheit und Transparenz machen wir viele Dinge möglicherweise etwas anders als andere Unternehmen. Die Wahrnehmung sozialer Verantwortung gehört für die BMW Group ebenso zum unternehmerischen Selbstverständnis.

Die Automarke BMW stand bislang vor allem für sportliches Fahren. Nun kündigt der Vorstandsvorsitzende an, das grünste Auto der Welt bauen zu wollen. BMW macht Projekte, die gesellschaftliches Engagement beweisen. Beispielsweise planen Sie, bis 2025 für eine Million Kinder und Jugendliche Bildungsprogramme aufzuziehen. Deutet sich da ein neues Selbstverständnis, eine neue Unternehmenskultur an?

horstmeier Ich würde es nicht als neue Unternehmenskultur beschreiben. Nachhaltigkeit im Bereich des Sozialen, aber auch des Ökologischen sind für BMW seit vielen Jahren ein ganz großes Thema. Natürlich auch ökonomisch, denn Sie brauchen langfristigen Unternehmenserfolg, um weiter bestehen zu können. Das hat uns über die vergangenen 100 Jahre getragen. Ökologische Nachhaltigkeit haben wir unter dem Stichwort Efficient Dynamics seit Jahren umgesetzt, mit der immerwährenden Verbesserung unserer verbrennungsmotorischen Antriebe und der Optimierung unserer Fahrzeuge hinsichtlich Effizienz. Jetzt kommt ein neues Kapitel, wo wir diese Aspekte noch zentraler in der Unternehmensstrategie und in der DNA von BMW verankern. Wir machen BMW nachhaltig. Das heißt, dass wir auf der ökologischen Seite sehr transparent und messbar sind. Wir stecken uns präzise, messbare Ziele Richtung 2030: 50, 80, 20, nämlich 50 Prozent weniger CO2-Ausstoß der Fahrzeuge, 80 Prozent weniger CO2 in der Produktion und 20 Prozent weniger CO2 in der Lieferkette. Darüber hinaus tritt BMW als erster deutscher Automobilhersteller der „Business Ambition for 1.5°C“ der Science-Based-Targets-Initiative bei und verpflichtet sich damit auf einen Kurs, der dem 1,5‑Grad-Ziel zur Begrenzung der globalen Erderwärmung entspricht. Die BMW Group verpflichtet sich außerdem, bis spätestens 2050 über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg klimaneutral zu arbeiten. Das alles zeigt: Die BMW Group ist in der Automobilindustrie Vorreiter im Kampf gegen den Klimawandel.

teil des sozialen gefüges in 140 Ländermärkten

Im Bereich der sozialen Verantwortung ist es für mich zuallererst die Verantwortung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Stichwort Beschäftigungssicherheit. Dazu kümmern wir uns intensiv um Diversität. Wichtig ist ein Arbeitsumfeld, das es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ermöglicht, Beruf und Privatleben intelligent zu vereinbaren und Leistungsfähigkeit zu fördern. Gesundheitsmanagement ist ein weiteres Beispiel. Aber soziale Verantwortung geht weit über das eigene Unternehmen hinaus. Wir arbeiten weltweit in über 140 Märkten, haben mehr als 30 Produktionsstandorte, und wir sind Teil des sozialen Gefüges in diesen Märkten. Deshalb engagieren wir uns intensiv in Bildungsprojekten und in den Bereichen Kultur und Sport. Auch viele unserer Mitarbeiter sind engagiert. Wir verleihen seit zehn Jahren jährlich den Mitarbeiter-Award für soziales Engagement. Für mich ist das nach 27 Jahren bei BMW selbstverständlich.

BMW zählt zu den profitabelsten Unternehmen seiner Branche. Was ist der Beitrag des Personalmanagements zu dieser Erfolgsstory?

horstmeier Ein Automobilkonzern wie die BMW Group mit mehr als 120 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weltweit braucht ein strategisch ausgerichtetes, modernes Personalmanagement. Das haben wir bei BMW nicht erst seit gestern. Auch der Wandel ist für uns nichts Neues. Aber das Ausmaß der Transformation, wie wir sie jetzt durch E‑Mobilität und Digitalisierung branchenübergreifend erleben, ist neu. Und ich bin überzeugt: Wann, wenn nicht jetzt, ist Zeit für HR? Wann, wenn nicht jetzt, muss das Personalwesen eine wichtige Rolle spielen? HR hat gerade in dieser Zeit der Veränderung die Verantwortung, frühzeitig Weichen zu stellen, Entscheidungen einzufordern, zu unterstützen und so die Transformation zu treiben. Für mich hat HR in der Zukunft eine deutlich strategischere Rolle. Wenn ich das Wort Business Partner höre, stelle ich mir jemanden vor, der am Spielfeldrand entlangläuft und hin und wieder mal reinruft. So habe ich das manchmal in der Vergangenheit erlebt. Aber das ist verkehrt. HR ist auf dem Weg zum Business Developer, und das verlangt, dass ich eine Meinung habe, dass ich die Unternehmensstrategie verstehe und die entsprechenden Ableitungen für HR treffe und umsetze.

Kennt BMW eigentlich das Wort Krise?

horstmeier Ich denke, die Finanzkrise 2008/2009 war für uns in gewisser Weise ein Weckruf. Ich war damals im Werk Regensburg, und wir haben uns da das erste Mal seit 15 Jahren mit Kurzarbeit beschäftigt. Es gab in der Tat eine Generation von Führungskräften, die nur die guten Zeiten ab Mitte der 90er-Jahre kennengelernt hat. Es fehlte die Erfahrung: Wie ist es, ein Aufhebungsgespräch zu führen? Wie ist es, Mitarbeitern zu sagen, dass sie ihre Karriereambitionen zurückschrauben müssen? Mit Personalreduktion kannten sich viele Führungskräfte nicht aus. Aber wir haben 2008/2009 schnell gelernt, und das ist, glaube ich, eine starke Fähigkeit von BMW. Wir haben während der Covidzeit gesehen, wie essenziell das Personalwesen war. Wir haben die Sicherheit unserer Mitarbeiter, die Verantwortung für unsere Mitarbeiter mit der Business Continuity verknüpft. Es gab nicht die Option, BMW anderthalb Jahre – wir wussten ja damals noch nicht, wie lange die Pandemie dauern würde – einfach stillzulegen und zu sagen, wir warten, bis Covid vorbei ist, dann machen wir irgendwie weiter. Das war eine hochgradig anspruchsvolle Aufgabe, und viele meiner Kollegen haben das exzellent gemanagt. HR hatte die wesentlichen Stellhebel in der Hand. Expat Management beispielsweise war während Covid eine der anspruchsvollsten Aufgaben. Ich weiß nicht, ob Sie sich annähernd vorstellen können, wie es für Menschen ist, die damals in China waren, sich zu fragen, ob sie im Fall der Fälle einen Platz im Krankenhaus für sich oder ein Familienmitglied bekämen.

Wie schaffen Sie es, die Sozialpartner auf Tarif- und Betriebsebene zu überzeugen, dass kein Weg an der Transformation vorbeiführt?

horstmeier Historisch bedingt pflegen wir eine gute Partnerschaft und lösen die Dinge intern. Wir haben gemeinsam immer den Blick für das große Ganze. Der Dialog ist dabei sehr wichtig, um die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und die Interessen der Belegschaft miteinander in Einklang zu bringen.

Was hat das Personalmanagement von BMW aus der Coronazeit gelernt?

horstmeier Es war ein unglaublicher Asset, dass wir People und Places in einer Hand hatten. Das heißt, neben dem Personalmanagement lief alles, was Hygiene‑, Sicherheits- und Schutzmaßnahmen an allen Standorten betraf, bei mir zusammen. Wir haben den Aufbau von Impfstraßen gelernt und unsere Stärke unter Beweis gestellt, schnell agieren zu können. Wir haben innerhalb von sechs Wochen eine eigene Maskenproduktion an einem BMW-Standort hochgezogen, weil wir merkten, dass wir ohne Schutzausrüstung gar nicht in der Lage gewesen wären, die Produktion wieder anzufahren.

connected works ist die zukunft

Bei BMW arbeitet ein Großteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits in modernen neuen Arbeitswelten, und das nicht erst seit Covid. Die Mobilarbeit ist bei BMW schon seit Jahren gelebte Praxis. Future Work macht sich nicht an der Anzahl an Tagen im Homeoffice fest. Es geht um Führung, es geht um Arbeitsmethoden und agiles Arbeiten, es geht auch um IT-Lösungen, und es geht vor allen Dingen um das Arbeitsumfeld. Deswegen wird BMW künftig keine Vorgaben machen im Sinne von drei, vier Tagen Homeoffice pro Woche oder Monat. Wir werden einen sehr individuellen Ansatz verfolgen, sodass jede Führungskraft mit ihrem Team jetzt einen bewussten Prozess zur Gestaltung der Arbeitsweise festgelegt, ob vor Ort, virtuell oder hybrid. Wir haben dafür Grundprinzipien geschaffen, wir nennen das „Connected Works“. Ideen und Innovationen entstehen vor allem im persönlichen Austausch. Connected Works schafft neue Räume für neues Denken und neue Zusammenarbeit und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Innovationsfähigkeit des Unternehmens und treibt die Transformation des Unternehmens aktiv voran

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Gespräch führten Ralf Steuer und Christoph Stehr.

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