Evidenz To Go: Zukunftsfähig handeln

Personalstrategie ist (keine) Voraussetzung für den Unternehmenserfolg

Über Sinn und Unsinn von langfristigen Strategien zur Unternehmenssteuerung wird in Wissenschaft und Praxis vor dem Hintergrund volatiler werdender Rahmenbedingungen kontrovers diskutiert.

Das Problem

„Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt“, „Planung ersetzt den Zufall durch den Irrtum“ oder auch „Kein Plan überlebt den ersten Feindkontakt“ – viele Sprichwörter und anekdotische Beispiele scheinen zu belegen, dass langfristig angelegte Strategien und Pläne aufgrund der vielen Unvorhersehbarkeiten und Unwägbarkeiten unserer komplexen Umwelt sinnlos sind. Doch ist das Nichtplanen eine bessere Alternative?

Die Wissenschaft

Die aktuelle Forschung zeigt, dass eine gut gemachte strategische Planung den Unternehmenserfolg, insbesondere die Effektivität eines Unternehmens, signifikant steigern kann (George et al. 2019). Gleichzeitig sind Personalstrategien in Deutschland längst nicht überall etabliert: So zeigt etwa die neueste Erhebung einer langfristig angelegten repräsentativen Studie zum internationalen Vergleich von Personalpraktiken, dass nur rund die Hälfte der Privatunternehmen (56 %) und nur rund ein Drittel der öffentlichen Unternehmen (39 %) in Deutschland überhaupt eine Personalstrategie haben (Cranet Deutschland 2023).

Eine erfolgreiche Personalstrategie schafft Orientierung und fokussiert die kollektiven Anstrengungen auf ein gemeinsames Ziel. Sie sollte immer aus den unternehmensspezifischen Herausforderungen abgeleitet sein. Die Forschungsergebnisse zu strategischem HR-Management (Strategic Human Resource Management, SHRM) beziehungsweise zu Hochleistungsarbeitssystemen (High Performance Work Systems, HPWS) zeigen, dass es zwar generell einen positiven Einfluss strategischer Personalarbeit auf die Unternehmensergebnisse gibt, aber auch dass der Wirksamkeitsgrad stark von der Implementierung und der Wahrnehmung durch die Mitarbeitenden beeinflusst wird (Jiang / Messersmith 2018).

Für die erfolgreiche Umsetzung einer Personalstrategie kann die systematische Analyse von Personaldaten mittels HR Analytics einen wertvollen Beitrag leisten (z.B. Madhavi Lakshmi / Siva Pratap 2016; Levenson 2018). Aktuell machen in Deutschland allerdings nur knapp die Hälfte der Privatunternehmen (44 %) und nur rund ein Viertel der öffentlichen Unternehmen (28 %) regelmäßigen Gebrauch von HR Analytics (Cranet Deutschland 2023). Unternehmen mit einer Personalstrategie nutzen etwa doppelt so oft HR Analytics wie Unternehmen ohne Personalstrategie (49 % vs. 29 %) (ebd.).

Die Praxis

Auch wenn Personalstrategien in der Praxis in Deutschland noch nicht flächendeckend genutzt werden und ihre Wirksamkeit oftmals angezweifelt wird, zeigt die Forschung, dass sie den Unternehmenserfolg steigern können, wenn sie sorgfältig entwickelt und umgesetzt werden. Dabei helfen HR-Analytics-Methoden, indem sie evidenzbasierte Personalentscheidungen fördern und einen effektiven Steuerungsmechanismus für die Umsetzung bereitstellen. Eine erfolgreiche Umsetzung wird durch eine ausführliche begleitende Kommunikation gesteigert, damit Mitarbeitende die Personalstrategie besser verstehen und annehmen und sich intensiver auf die Ziele fokussieren. 


Literatur

Cranet Deutschland (2023): Cranfield Network on International Human Resource Management (Cranet) – Germany; wiwi.uni-paderborn.de/dep1/international-business-prof-dr-kabst/the-cranfield-project

George, B. / Walker, R. M. / Monster, J. (2019): Does strategic planning improve organizational performance? A meta-analysis, in: Public Administration Review, 79 (6), 810-819

Jiang, K. / Messersmith, J. (2018): On the shoulders of giants: a meta-review of strategic human resource management, in: The International Journal of Human Resource Management, 29 (1), 6-33

Levenson, A. (2018): Using workforce analytics to improve strategy execution, in: Human Resource Management, 57 (3), 685-700

Madhavi Lakshmi, P. / Siva Pratap, P. (2016): HR analytics – a strategic approach to HR effectiveness, in: International Journal of Human Resource Management and Research, 6 (3), 21-28

Der Fachartikel erschien zuerst in unserem Fachmagazin PERSONALFÜHRUNG 04/2023.
Autor: Patrick Amm, Principal Consultant bei der Transformationsberatung HRpepper, Berlin
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