Monique Dekker, EAME-Personalchefin der Hotelkette Hyatt, über Digitalisierung in der Hospitality-Branche und neue Anforderungen an das HR-Management

Hybrides Arbeiten im Hotel? Mitarbeiterschulungen im Metaverse? Kandidatensuche mit ChatGPT? Wer meint, dass die Hotelbranche konservativ ist, sollte sich mit Monique Dekker unterhalten. Als Senior Vice President Human Resources für die Region Europe, Africa and Middle East (EAME) der Hyatt Hotels Corporation weist sie den Weg in die Zukunft.

Monique Dekker, 51, ist seit April 2023 Senior Vice President Human Resources für die Region Europe, Africa and Middle East (EAME) der Hyatt Hotels Corporation. Die gebürtige Niederländerin, deren Schreibtisch heute in Zürich steht, ist Absolventin der Hotelfachschule Den Haag. Sie begann ihre Karriere bei Hyatt vor mehr als 25 Jahren im Grand Hyatt New York. Es folgten Stationen unter anderem in Tokio, Düsseldorf, Chicago und Singapur, bevor sie die Position des General Manager im Park Hyatt Vienna übernahm, einem der bekanntesten Häuser der Gruppe in Europa. Zugleich war sie Area Vice President für Österreich, die Tschechische Republik, Italien und Ungarn, während sie auch im Global Diversity Equity and Inclusion Council der Hyatt-Gruppe tätig war und den Vorsitz von Women@Hyatt innehatte, einer globalen Initiative zur Förderung der beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten für weibliche Angestellte.

Frau Dekker, Sie starteten vor mehr als 25 Jahren Ihre Karriere bei Hyatt im Grand Hyatt New York. Es folgten unter anderem Stationen in Tokio, Chicago, Singapur und Wien. Wie hat Sie dieser Werdegang geprägt, auch was die Personalarbeit anbelangt?

Monique Dekker Wir wachsen sehr stark. Es gibt wohl nur wenige Unternehmen, bei denen das Thema Personalakquise derzeit so im Vordergrund steht wie bei uns. Das, was mit dem Begriff Zeitenwende verbunden ist, prägt unsere Personalarbeit und unsere Personalorganisation in einer Form, wie es in den letzten zwanzig Jahren nicht der Fall gewesen ist. Wir konzentrieren uns in ganz starkem Maße darauf, dass wir im Employer Branding und bei der Talent Acquisition so aufgestellt sind, dass wir die Personalbedarfe des Geschäfts bedienen können.

Was heißt das personalorganisatorisch betrachtet?

Dekker Seit 1996 bin ich schon mit Hyatt unterwegs. Als kleines Mädchen wollte ich immer schon Hoteldirektorin werden. Das war mein großer Traum, und das habe ich auch geschafft. Ich war viel unterwegs und habe viel gesehen, unterschiedliche Länder, Locations, Arten von Hotels... Das prägt. Als Hoteldirektorin hat man ja immer viel mit Personal zu tun. Egal ob man auf der Karriereleiter aufsteigt und als Department Head irgendwo mit dem Team arbeitet oder irgendwann als Direktorin mit 300 Mitarbeitenden – immer stand und steht das Personal im Mittelpunkt meiner Aufgaben.

Bitte beschreiben Sie die Unternehmenskultur von Hyatt und den Corporate Purpose – gern in einem Satz.

Dekker Wir haben einen Leitfaden bei Hyatt, unser Purpose heißt: We care for people so they can be their best. Und People bedeutet für uns natürlich Personal, gemeint sind aber auch Gäste, die Community und Eigentümer, eigentlich alle Stakeholder. Und das war immer schon so. Das leben wir. Alles, was wir tun, jede Entscheidung basiert auf diesem Purpose. Dann gibt es Werte, die wir haben: Respect, Integrity, Wellbeing, eine ganze Reihe an Values, die diesen Purpose unterstützen. Unsere Mission lautet: World of Care. Heißt, wir kümmern uns um Mitarbeitende, Gäste und Kunden. Es ist schwierig, all das in einen Satz zu fassen. Jedoch der eine Satz, der es wirklich treffend zusammenfasst, lautet: We care for people so they can be their best.

Was ist das Besondere an der Hospitality-Branche und der Personalarbeit in diesem Bereich? Hier geht es ja ein bisschen spezieller zu als in anderen Branchen.

Dekker Ja, definitiv. Ich glaube, es ist eine der wenigen Branchen, in denen man es auch ohne eine aufwendige Ausbildung weit bringen kann. Wir haben viele Beispiele von Mitarbeitenden, die als Servicemitarbeiter angefangen haben oder als Azubi und jetzt General Manager sind oder im Corporate Office arbeiten. Und das ist wirklich schön, weil man die Möglichkeit hat, wenn man will, dass man gefördert und gefordert wird, um weiterzukommen.

Viele Aufstiegsmöglichkeiten

Ich glaube, dass viele Menschen nicht wissen oder vielleicht nicht erwarten, dass es so viele Aufstiegsmöglichkeiten gibt in einem Hotel. Man muss nicht unbedingt am Empfang arbeiten oder im Restaurant oder in der Küche. Es gibt die Personalabteilung, den Bereich Finance, Marketing, Digital Engineering, Haustechnik und so weiter. Es gibt ganz viele Möglichkeiten, wie man sich innerhalb eines Hotels weiterbilden kann und eine Abteilung findet, die einem Spaß macht und in der man beispielsweise nicht am Wochenende oder Feiertagen arbeiten muss. Das ist genau das Spannende an unserer Branche, dass man sehr breit gefächert ist.

Sie werden mit dem Satz „Der strategische Einfluss von Human Resources nimmt zu und war noch nie so groß wie heute“ zitiert. Was genau bedeutet das für die Praxis?

Dekker Es gibt viele Themen, die wir angehen müssen. HR zählt zu den wichtigen und wird immer bedeutender. Bisher haben sich Personaler oft um solche Dinge gekümmert: Dass Mitarbeitende Compliance-Trainings machen und bloß nicht zu spät kommen, denn sonst wird man in die Personalabteilung zitiert. Das hatte fast schon Polizei-Charakter. Andererseits sollte die Personalabteilung für gute Stimmung sorgen, etwa indem sie Mitarbeiterfeiern organisiert hat. Doch in den letzten Jahren hat sich sehr viel gewandelt, sodass man wirklich als HR Business Partner gesehen wird. Geschäftsführer binden die HR-Abteilung jetzt aktiv in das Tagesgeschäft ein. Die HR hat nun deutlich mehr Aufgaben, etwa sicherzustellen, dass regulatorische Anforderungen erfüllt werden. Das andere ist natürlich, Mitarbeitende zu finden und zu binden. Und diese Aufgabe ist angesichts des allgemeinen Fachkräftemangels schwer – und das wird auch so bleiben.

An welcher Stelle genau muss HR strategischer werden?

Dekker Definitiv in technischen Fragen, vor allem bei der Digitalisierung – etwa im Bereich Empowerment durch Data-Analyse. Wie können wir unsere Workforce noch effizienter gestalten, was auch einen Großteil unserer HR ausmacht. Wie können wir Künstliche Intelligenz einsetzen? Wie schaffen wir mehr kreativen Freiraum für Mitarbeitende? Und letztlich geht es darum, wie wir angesichts des demografischen Wandels auch künftig noch genügend Mitarbeitende gewinnen können.

Das ist eine klar strategische, zukunftsgerichtete Aufgabe. Und man muss künftig möglicherweise ganz andere Leute ansprechen. Was einen vor die Frage stellt: Kann man überhaupt so etwas wie eine Gastgeber- und Servicementalität  lernen? Oder würden Sie sagen „Ach, das muss man schon im Blut haben“?

DekkerWenn man in der Finanzabteilung eines Hotels arbeitet, kann man nicht ein Host sein. Wir suchen ja auch Mitarbeitende, die nicht unbedingt immer vorne mit dabei sind. Natürlich, als Servicemitarbeiter oder als Front-Office-Mitarbeiter sollte man schon eine gewisse Gastgeber- und Servicementalität mitbringen. Aber: Auch hier muss man nicht unbedingt eine Ausbildung in einem Hotelbetrieb vorweisen. Auch Quereinsteiger können einen guten Job machen. Ich sage immer: „Ich brauche jemanden, der eine Leidenschaft hat für das hier, der Feuer im Bauch und ein Funkeln in den Augen hat.“ Wenn man das hat, dann kann man fast alles lernen.

Genau diese Mitarbeitenden, die Sie gerade skizziert haben, wollen Sie ja auch halten. Doch die Arbeitsmarktsituation ist so, dass man wahrscheinlich große Anstrengungen unternehmen muss, um sie zu binden. Haben Sie spezielle Retention-Strategien? Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Dekker Das ist je nach Region sehr unterschiedlich. Eine Rolle spielen natürlich das Gehalt, Bonusprogramme oder erfolgsabhängige Prämien. Im Bereich „Emotional Salary“ bieten wir unter anderem vergünstigte Übernachtungen in anderen Hyatt-Hotels, die Arbeitskleidung wird kostenlos gereinigt, man kann im Hotel umsonst essen, es gibt Sportangebote und so weiter. Jedes Hotel schaut sich an, wie man am besten Mitarbeitende binden kann. Zusätzlich gibt es dann noch Trainee-Programme für verschiedene Karrierewege. Zudem bieten wir Performance-Gespräche, mehr als 5000 unterschiedliche Online-Trainings und Mentoring-Programme. Denn eines ist klar: Nicht one size fits all! Wichtig ist, jedem Mitarbeitenden maßgeschneiderte Angebote zu machen.

Welche Spuren hat die Pandemie hinterlassen?

Dekker Klar, viele haben die Branche verlassen, weil die Aussichten zunächst unsicher waren. Aber mittlerweile sehen wir auch einen Bumerangeffekt, dass viele wieder zurückkommen. Und das ist auch super! Diese Menschen bringen neue Erfahrungen mit und haben jederzeit die Möglichkeit, zurückzukehren, und das teilweise in eine höhere Position.

Kann man tatsächlich sagen, dass Sie diesen „Pandemieknick“ überwunden haben und den Fachkräftemangel gar nicht so stark spüren? Oder wie verhält sich das?

Dekker Darauf gibt es mehrere Antworten. Natürlich registrieren wir einerseits besagten Bumerangeffekt. Andererseits ist unsere Branche für Neueinsteiger eine tolle Branche: Denn hier kann man schnell wachsen, sehr schnell Karriere machen, und dafür bieten sich etliche Möglichkeiten. Gleichzeitig versuchen wir, angesichts des engen Arbeitsmarkts mit weniger Personal auszukommen. Wir haben Prozesse schlanker gestaltet, sind effizienter geworden, auch durch KI und Digitalisierung. Nur ein kleines Beispiel: In den Zimmern finden sich keine gedruckten Mappen mit Informationen mehr. Die werden alle – ständig aktualisiert – über das Room‑TV übermittelt. Das spart uns viel Zeit, weil Mitarbeitende bislang sehr oft damit beschäftigt waren, Seiten der Infomappen auszutauschen, um diese zu aktualisieren. In vielen Häusern haben wir QR-Codes – so findet man auf dem Smartphone alles, was man wissen muss.

Inwieweit ist Ihre Arbeit in der HR digitalisiert? Nutzen Sie spezielle digitale Tools, möglicherweise KI-basiert?

Dekker Digitalisierung ist das A und O, ohne dass man den Personal-Touch verliert; den braucht man natürlich immer noch. Ob das jetzt die Payroll-Systeme sind oder die Zeiterfassung oder die Anzeige für offene Stellen, die man schaltet. Das Onboarding von Mitarbeitenden basiert teilweise auf Virtual Reality, wobei wir noch die Möglichkeiten ausloten. Sie können sich vorstellen, dass Hyatt mit rund 1300 Hotels weltweit täglich neue Mitarbeitende einstellt.

Classroom-Style war gestern

Anfang des Monats veranstalten wir jeweils ein „Welcome to Hyatt“ für Neueinsteiger. Wenn dann zwei Tage lang die Mitarbeitenden eingeführt werden und jeder stets die gleiche Story erzählt bekommt, dann ist es nicht sehr effizient. Denn die Geschichte von Hyatt ändert sich ja nicht, auch nicht die Philosophie und etliche Standardtätigkeiten. All das könnte im Metaverse geschehen. Wir sind gerade dran, zu schauen, was in dieser Hinsicht machbar ist. Wenn allgemeine Einführungen und Schulungen im Metaverse virtuell ablaufen, spart sich unser Team, das sonst diesen Job übernimmt, viel Zeit. Und das ist auch viel zeitgemäßer als Frontalunterricht im Classroom-Style. Gerade die jüngere Generation dürfte das ansprechen.

Wie weit sind Sie da schon? Ist es tatsächlich so, dass Mitarbeitende schon heute eine VR-Brille aufgesetzt bekommen, um erste Einweisungen zu erhalten oder via Augmented Reality bei Schulungen im Hotel? Wohin geht die Reise?

Dekker Wir haben ein tolles Programm, das heißt RiseHY. Dieses Programm haben wir ins Leben gerufen, um junge Menschen zwischen 16 und 24 Jahren anzusprechen, die keinen Schulabschluss oder keinen Job haben und wenig Zugang zu Bildung. In dieser Zielgruppe steckt ein großes Potenzial für uns. Sie können sich vorstellen, dass in bestimmten Ländern – sogar in Europa – dies eine große Gruppe darstellt. Mit digitalen Medien lassen sich sehr viele Mitarbeitende finden und schulen. Über Virtual Reality lassen sich hervorragend die ganzen Optionen aufzeigen, die eine Karriere in einem Hotel zu bieten hat. Wenn es ums Onboarding geht, sind wir auch schon gut darin, vieles virtuell aufzusetzen. Dann nutzen wir sehr viel Machine Learning und Apps, mit denen beispielsweise erklärt wird, wie man eine Flasche Wein öffnet.

Stichwort Machine Learning und Data Analysis Tools. Wo setzen Sie diese Werkzeuge genau ein? Auch beim Sourcing und Recruiting?

Dekker Datenanalyse findet sich in fast allem, was wir machen. Etwa um die Effizienz zu steigern: Wenn man hundert Check-ins hat, wie viele Mitarbeitende braucht man dann am Empfang, um die zu bewältigen? Wieviel Personal, wenn man hundert Frühstücke hat? Bei solchen Planungsfragen unterstützen uns Programme.

Digitale Unterstützung

Dann auch wenn es ums Recruitment geht, etwa bei der Frage, wie schnell ein Bewerber nach einem Vorstellungsgespräch von uns ein Angebot erhält. Datenanalyse spielt zudem bei der Talent Acquisition eine große Rolle. Wie kann man schneller werden, gezielter ansprechen, welche Stellen muss man wo ausschreiben? Wir haben eine sehr aktive Employer Value Proposition. Und da schauen wir immer auch, dass wir unterschiedliche Anzeigen schalten, um zu analysieren, wer am besten auf was anspricht. Gerade erproben wir ChatGPT. Wir testen unsere bisherigen Anzeigentexte und fordern das Sprachmodell auf – entschuldigen Sie bitte die Wortwahl – „sexier“ zu formulieren. Und siehe da: In zehn Sekunden hat man eine ganz tolle Anzeige, die viel mehr ausdrückt und mehr Aspiranten anspricht als alles, was wir in der Vergangenheit gemacht haben.

Hyatt, mit mehr als 18 000 Fachkräften in EAME, will weiter stark auf allen Ebenen wachsen. Das klingt herausfordernd. Welche Kräfte sind aktuell besonders gesucht? Können Sie ein paar Positionen und Qualifikation benennen?

Dekker Erstens die, die wirklich Leidenschaft und Lust haben, egal in welcher Branche sie vorher beschäftigt waren – das ist für uns wirklich egal. Zweitens Verstärkung im mittleren Management. Das ist genau das, was wir momentan in Westeuropa am meisten suchen. Im Fokus stehen 28- bis 35‑Jährige. Schwierig, weil in diese Zeit die Familienplanung fällt. Gerade bei jungen Frauen bieten wir daher größtmögliche Flexibilität. In anderen Ländern, Saudi-Arabien zum Beispiel, wo wir in den nächsten Jahren gewaltig wachsen werden, geht es um ganz andere Themen. Da ist das Thema „Saudization“, also die staatliche Vorgabe, dass zwischen 40 und 50 Prozent der Mitarbeitenden Einheimische sein müssen. Eine Herausforderung, denn so viel Hotellerie gab es in diesem Land noch nicht.

Für Deutschland gesprochen: Vor welchen Herausforderungen beim Recruiting stehen Sie hier? Speziell, wenn es darum geht, junge Mitarbeitende zu gewinnen?

Dekker In Deutschland und auch in Österreich, wo ich vorher war, ist das Thema Image der Hotelbranche immer noch eines, an dem wir arbeiten müssen. Es ist eine ganz tolle Branche, aber es gibt leider auch einige schwarze Schafe unter den Hoteliers, die das „We care for People“ nicht so leben, wie wir es bei Hyatt tun. Deren schlechter Ruf färbt leicht auf die ganze Branche ab. Wir müssen aber auch noch stärker die vielen Möglichkeiten, die es in einem Hotel gibt, kommunizieren. Denn die wenigsten denken dabei an Finance, HR, Marketing, Digitalisierung oder Social Media. Der Fokus liegt stark auf operativen Bereichen. Hier müssen wir alte Vorurteile aus den Köpfen bekommen. Es ist wirklich eine spannende Branche. Meine Kolleg*innen und ich könnten Bücher schreiben über all das, was wir tagtäglich erleben.

Klingt spannend. Aber denken Sie, dass man so die viel beschworene Generation Z anfüttern kann? Diese Zielgruppe scheint ja ziemlich hohe Ansprüche zu haben.

Dekker Unsere Gäste zählen teilweise zur Gen Z oder sind Millennials. Es ist ja nicht so, dass wir nur ältere Menschen beherbergen. Wir haben uns auch anpassen müssen. Früher gab es sehr strikte Standards beim Personal: Lange Haare zum Zopf gebunden, schwarze Dienstkleidung, keine Tattoos und kein Bart. Das ist alles Schnee von gestern. Denn unsere Gäste laufen ja auch mit Sneakers und Jeans durch die Lobby... Deswegen sieht man auch viele Hotelmitarbeitende in Jeans und Turnschuhen, was ich persönlich super finde. Und wir sollten die Gesellschaft spiegeln, oder?

Hauptsache Purpose

Wir müssen nicht etwas anderes darstellen als das, was sich vor den Hoteltüren abspielt. Nicht zuletzt: Der Fokus der Genz Z liegt auf Purpose, Purpose, Purpose. Und ich glaube, mit unserem Purpose „We care for people so they can be their best“ und unseren Values wie Nachhaltigkeit können wir sehr, sehr viele ansprechen. Wir sind überdies dabei, in vielen Hotels hybrides Arbeiten anzubieten. Sicher, Empfangsmitarbeitende können nicht von daheim Gäste begrüßen. Aber es gibt Möglichkeiten für einen Empfangsleiter, zumindest zu sagen: „Okay, Montag bis Donnerstag bist du im Hotel. Am Freitag bist du daheim und erledigst alle deine Admin-Aufgaben wie Dienstplan schreiben, Payroll vorbereiten, Feedbacks sichten.“ Das geht schon. Man muss es nur kreativ angehen, und ich glaube, da wird von uns Führungskräften verlangt, dass wir das angehen und nicht einfach sagen: „Ja, liebes Restaurantteam, sorry, geht halt nicht. Pech gehabt!“ Wir sind da superflexibel geworden. Und das ist auch richtig so. Als ich zu arbeiten angefangen habe, war es cool, wenn man 16 Stunden am Tag geschuftet hat. Das ist glücklicherweise vorbei.

Sie haben sich in der Vergangenheit mit Ihrem Engagement für „Women@Hyatt“ besonders für die Förderung von beruflicher Gleichberechtigung eingesetzt. Ein höherer Frauenanteil in der oberen Führungsebene des Unternehmens ist ein wichtiges Ziel von Hyatt und Teil einer Strategie. Wie wollen Sie diesem Ziel näherkommen?

Dekker Wir treiben das Thema mit der Initiative Women@Hyatt und der DBRG, der Diverse Business Resource Group, voran. Ich war lange Chair für Women@Hyatt in Europa, Afrika und dem Mittleren Osten, bevor ich diesen Job angenommen habe, um genau das zu erreichen: mehr Frauen in Führungspositionen bekommen. Das erreichen wir durch Networking. Wir bringen junge Talente mit alten Hasen, so wie ich es einer bin, zusammen. Unsere Botschaft: „Hey, das geht schon, das kannst du machen, die Firma unterstützt dich.“ Außerdem nutzen wir Storytelling. Etwa so: Hier gibt es eine weibliche Führungskraft, sie hat zwei Kinder, reist überall hin. Wie macht sie das?

Die gläserne Decke einreißen

Und dann gibt es regional angepasste Mentoring-Programme für alle Mitarbeiterinnen. Das ist ein zwölfmonatiges Programm, bei dem man mit jemand, der zwei oder drei Positionen über dir arbeitet, durch das Mentoring geht. Der Mentor unterstützt bei der Karriere und räumt möglicherweise bestimmte Sachen aus dem Weg, die hinderlich sind. Er hilft sozusagen, die gläserne Decke einzureißen. Wir müssen früh mir der Frauenförderung anfangen, denn wir möchten nicht, dass eine Teamleaderin mit 23 oder 24 Jahren schon das Gefühl hat, mit der Karriere nicht mehr weiterzukommen.

Konkret: Wie hoch ist der Frauenanteil aktuell in Führungspositionen, haben Sie eine Zahl?

Dekker Ja, habe ich. Das Programm gibt es jetzt seit drei Jahren. Bisher haben es 150 Frauen genutzt. Mehr als 70 Prozent haben sich mittlerweile in die nächste oder sogar übernächste Ebene weiterentwickelt – und sind auch immer noch da. Was die Quoten anbelangt, ist das sehr unterschiedlich, je nachdem welche Region oder in welchem Teil der Region man sich das anschaut. In Westeuropa, das ist ein gutes Beispiel, sind Managementpositionen zwischen 30 und 45 Prozent mit Frauen besetzt. Auf General-Manager-Ebene ist es ein bisschen weniger. Dazu muss man auch sagen, nicht jeder will GM werden, egal ob weiblich oder männlich. In den Bereichen Manager Department Head, Director of Marketing oder Director of Finance sind wir sehr gut unterwegs.

Ein kleiner Ausblick: Wo sehen Sie die künftigen Herausforderungen für die Personalarbeit in der Hotelbranche?

Dekker Die schwierigste Frage zuletzt (lacht). Ich glaube – und das ist nicht nur für die Hotelbranche relevant: Wir müssen mit dem demografischen Wandel umgehen. Wir müssen uns gut um unsere Mitarbeitenden kümmern. Es gibt viele Branchen, die sich gegenseitig die Leute klauen. Damit müssen wir zurechtkommen und nicht sagen: „Wo sind die Mitarbeitenden? Es gibt keine? Das ist halt so.“ Stattdessen geht es darum, daran zu arbeiten, wie man bevorzugter Arbeitgeber wird und bleibt. Dafür braucht es sehr viel Kreativität. Denn Business as usual gibt es nicht mehr.

Vielen Dank für das Gespräch! 

Das Gespräch führten Ralf Steuer und Chris Löwer.

Das Interview erschien zuerst in unserem Fachmagazin PERSONALFÜHRUNG 02/2024.

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