Entgelttransparenz: Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie
Mehr Lohngerechtigkeit und Transparenz
Mit der Entgelttransparenzrichtlinie (Richtlinie (EU) 2023/970) hat die EU einen wichtigen Schritt hin zu mehr Lohngerechtigkeit und Transparenz unternommen. Ziel ist es, den Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit“ europaweit wirksam umzusetzen und geschlechtsspezifische Entgeltunterschiede zu reduzieren. Die Richtlinie bringt weitreichende Veränderungen für Unternehmen und Beschäftigte mit sich – besonders für HR.
Die Richtlinie ist am 6. Juni 2023 in Kraft getreten. Mitgliedstaaten müssen sie bis spätestens 7. Juni 2026 in nationales Recht umsetzen. Es ist davon auszugehen, dass in Deutschland das bestehende Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) angepasst wird. Zu diesem Zweck wurde eine vom Bundesministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ) eine Kommission "Bürokratiearme Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie eingesetzt, die aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Fachleuten aus Verbänden und Gewerkschaften besteht und in der auch die DGFP vertreten ist. Es bleibt abzuwarten, wann der erste Gesetzesentwurf des BMBFSFJ veröffentlicht wird.
Erst dann wird absehbar sein, welche Konkretisierung der deutsche Gesetzgeber umsetzen möchte. Basis wird dabei stets die EU-Entgelttransparenzrichtlinie sein, weshalb es sinnvoll ist, dass Unternehmen sich mit der Richtlinie auseinandersetzen und entsprechende Vorbereitungen anstoßen.
Die Kommission, in der auch die DGFP durch Carmen-Maja Rex, stellvertretende Vorsitzende des DGFP-Vorstands, vertreten ist, hat dazu am Freitag, den 7. November 2025, einen Abschlussbericht veröffentlicht. Dieser Bericht soll dazu beitragen, die Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie in Deutschland möglichst bürokratiearm und praxisnah zu gestalten. Er bündelt Empfehlungen, wie Unternehmen entlastet, Verfahren vereinfacht und rechtliche Vorgaben klarer gefasst werden können, damit die Richtlinie effizient und mit möglichst geringem Aufwand umgesetzt werden kann. Dazu zählen u.a. die Präzision des Entgeltbegriffs, die Beschränkung der Berichtspflicht auf Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten sowie die klare Regelung des Auskunftsanspruchs, die Bereitstellung von digitalen Tools und Vorlagen, eine Erleichterung für tarifgebundene Unternehmen spwie ein Abhilfeverfahren bei ungerechtfertigten Entgeltunterschieden.
Neben der Arbeit in der Kommission bietet die DGFP verschiedene Angebote für Unternehmen. Als erste Formate fanden am 30. Oktober das Netzwerktreffen „Equal Pay – Vorbereitung für die Entgelttransparenzrichtlinie“ mit KPMG sowie das Netzwerktreffen „EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz - Von der Theorie zur Praxis" am 4. November mit Workday statt. Ein weiteres HR-Webinar mit Thomas Fischer, Referatsleiter im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Thema EU-Entgelttransparenzrichtlinie fand am 10. November als Nachholsession zur Jahrestagung Compensation & Beneftis im DGFP-Studio in Berlin statt.
Veranstaltungen zum Thema
Kernanforderungen der Richtlinie
Transparenz im Einstellungsprozess
Verbot von Fragen zur Gehaltshistorie
Auskunftsrechte für Beschäftigte
Berichtspflichten der Arbeitgeber
Verpflichtende Bewertung bei Entgeltunterschieden
Sanktionen bei Verstößen
Was ändert sich im Vergleich zum derzeit geltenden Entgelttransparenzgesetz?
Die EU-Richtlinie zeigt eine Verschärfung gegenüber dem bisherigen Entgelttransparenzgesetz in Deutschland. Die meisten Änderungen bestehen in mehr Rechten für Bewerbende, stärkeren Pflichten für Arbeitgeber und möglichen Sanktionen bei Verstößen gegen die Richtlinie. Neu sind unter anderem die Umkehr der Beweislast, bei der nun der Arbeitgeber die Gleichbehandlung nachweisen muss, sowie eine Entschädigung inklusive immaterieller Schäden, die durch eine Ungleichbehandlung entstanden sind. Weitere Änderungen betreffen die Anpassung der Berichtszeiträume und die Erweiterung des Auskunftsrechts auf eine unbegrenzte Antragsstellung.
Aktuelle Entwicklung: Wie steht es um die Umsetzung der EU-Richtlinie?
Wachsende Erwartungen an die soziale Verantwortung von Unternehmen führen zunehmend dazu, dass faire Entlohnung als zentrale Grundlage für Gerechtigkeit verstanden wird. Equal Pay gilt dabei als entscheidender Faktor, um Talente zu gewinnen und zu binden, die Arbeitgebermarke zu stärken und langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.
Mit einer aktuellen Gender Pay Gap von 16 % liegt Deutschland leicht über dem EU-Durchschnitt. In der Europäischen Union verdienen Frauen im Durchschnitt rund 12 % (Quelle: KMPG) weniger als Männer.
Während einige EU-Länder bereits nationale Gesetzesentwürfe vorgelegt haben, befindet sich die Mehrheit noch in der Vorbereitungsphase zur Umsetzung. Bereits veröffentlichte Entwürfe orientieren sich weitgehend an der EU-Richtlinie. Die Mindestanforderungen bieten daher eine gute Orientierung für die Vorbereitung von Unternehmen. In Deutschland werden Vorschläge zur Umsetzung von der Kommission bis Ende November erwartet.
Welche zentralen Herausforderungen gibt es bei der Umsetzung?
Mit der Umsetzung der Entgelttransparenzrichtlinie rücken die Vergütung und die Vergütungsstrukturen in den Unternehmen stärker in den Fokus der Compliance-Anforderungen. Unternehmen sind daher gefordert, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um rechtliche und finanzielle Risiken zu vermeiden. Dazu gehört auch die Implementierung geeigneter Prozesse, um sowohl die neuen Berichtspflichten der Arbeitgeber sowie die Auskunftsrechte der Beschäftigten zu erfüllen.
Rechtskonform gestaltete Vergütungssysteme und -strukturen sind nicht nur eine gesetzliche Notwendigkeit, sondern auch ein entscheidender Erfolgsfaktor für Unternehmen. Sie bieten Schutz vor rechtlichen und finanziellen Risiken, fördern Fairness und Transparenz und tragen wesentlich zur Mitarbeiterzufriedenheit und Arbeitgeberattraktivität bei.
Um den neuen Anforderungen gerecht zu werden, sind folgende Vorbereitungen zu treffen:
- Entwicklung und Einführung einer transparenten Job-Architektur mit objektiven und einheitlichen Stellenbeschreibungen als Grundlage für eine faire und nachvollziehbare Vergütungsstruktur
- Aufbau einer konsistenten und zentralen Datenbasis
- Beachtung multinationaler Anforderungen in Bezug auf Compliance, Mitbestimmung und Datenschutz
Welche Auswirkungen hat die Richtlinie auf die HR-Funktion?
Die Entgelttransparenzrichtlinie erhöht den Aufwand für die HR-Funktion. Neben der fristgerechten Bearbeitung einer Vielzahl von Mitarbeiteranfragen, einer transparenten Kommunikation zu den Kriterien der Entgeltfestlegung und der Entwicklung eines individuellen Gehaltsniveaus stellt vor allem der Umgang mit dem sensiblen Thema Vergütung in der Belegschaft eine der Herausforderungen dar.
Um diese Herausforderungen zu bewältigen, muss die HR-Funktion durch automatisierte administrative Prozesse entlastet werden, beispielsweise durch Self-Service Lösungen und effizientere Workflows. Gleichzeitig muss das HR-Personal befähigt werden, die neue EU-Richtlinie umzusetzen und es muss Zugriff auf entsprechende Tools zur Berichterstattung erhalten.
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