7 Fragen in 7 Minuten #21 - mit Lisa Pichel

Lisa Pichel, Director People Management Germany, RENOLIT SE

Bei dem Kunststoffhersteller RENOLIT laufen die Maschinen rund um die Uhr – und trotzdem haben Mitarbeitende heute mehr Wahlfreiheit als mancher Schreibtischjob erlaubt:

  • Mehr Stunden = mehr Geld
  • Weniger Stunden = mehr Zeit für sich und die Familie.

Im Interview spricht Lisa Pichel, Director People Management Germany bei RENOLIT SE, über neue Schichtmodelle, echte Flexibilität – und den Mut, Dinge einfach mal auszuprobieren.

Übrigens: Live erleben kann man Lisa auf dem Kompetenzforum Flex Shopfloor im September (Frühbucherrabatt noch bis zum 27. August).

1. Was genau habt ihr an eurem Produktionsstandort verändert, um mehr Freiräume in der Personalplanung zu schaffen?
Wir wollten raus aus dem Entweder-oder: entweder Vollzeit durchpowern oder gleich ganz raus. Heute können die Kolleginnen und Kollegen wählen – mehr arbeiten und mehr verdienen oder weniger arbeiten und dafür mehr Zeit für sich. Das funktioniert überraschend gut, auch weil es ehrlich ist: Man gibt ein Stück ab, bekommt aber Planungssicherheit zurück.

“Heute können die Kolleginnen und Kollegen wählen – mehr arbeiten und mehr verdienen oder weniger arbeiten und dafür mehr Zeit für sich.”

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2. So frei hört sich das gar nicht an – jedenfalls nicht, wenn man an Begriffe wie „Vocation“ denkt. Gibt es in der Produktion Flexibilität, die selbst klassische Büroberufe alt aussehen lässt?
Total. Viele Kolleginnen und Kollegen – gerade Väter – schätzen, dass sie ihre Schicht um das Familienleben herum legen können. Kein „9 to 5“, sondern: morgens das Kind in den Kindergarten, dann zur Frühschicht. Auch ein Wechsel des Arbeitsplatzes im Werk kann manchmal helfen, wenn sich das Leben verändert. 

Die klassischen Klischees von starrer Fabrikarbeit passen da nicht mehr. Darüber hinaus sieht man natürlich auch, was man am Ende des Tages geleistet hat. Das ist sicher auch ein Anreiz, den die Arbeit bietet – auch wenn es nicht so viel mit Flexibilität zu tun hat.

“Die klassischen Klischees von starrer Fabrikarbeit passen nicht mehr.”

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3. Eine weitere Herausforderung in der Produktion ist die sogenannte Bringschicht. Vielleicht kannst du den Begriff nochmal kurz erklären und erläutern, wie ihr damit umgegangen seid.
Die Bringschicht ist eine Art Joker-Schicht – zusätzlich zum regulären Plan. Man muss sie leisten, aber oft mit einem anderen Team, zu anderen Zeiten. Das ist nicht jedermanns Sache. Deswegen haben wir gesagt: Wer möchte, kann sich davon befreien lassen. Das bedeutet zwar weniger Entgelt, aber dafür kein Einspringen mehr. Für viele ist das ein echter Zugewinn an Lebensqualität.

“Für viele ist das ein echter Zugewinn an Lebensqualität.”

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4. Was hättest du rückblickend in Bezug auf die flexible Personalarbeit in der Produktion heute anders gemacht?
Wir hätten schon früher mit dem Betriebsrat gemeinsam Ideen entwickeln können. Und: Die Information an die Mitarbeitenden hätte früher und direkter laufen müssen. Gerade die Leute in der Fertigung erreicht man nicht nur mit E-Mails oder ausschließlich via Intranet. Da braucht es echte Gespräche – und dafür sollten wir uns früher Zeit nehmen.

“Gerade die Leute in der Fertigung erreicht man nicht nur mit E-Mails oder ausschließlich via Intranet. Da braucht es echte Gespräche – und dafür sollten wir uns früher Zeit nehmen.”

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5. Ihr setzt auf breite Qualifizierung – welche Vor- und Nachteile bringt das in der Praxis?
Mit unserem „High-Flex“-Ansatz lernen Mitarbeitende verschiedene Maschinen und Arbeitsplätze kennen. Das macht sie vielseitiger, bringt Abwechslung und lohnt sich auch finanziell. Gleichzeitig hilft es uns, wenn mal jemand ausfällt – wir sind nicht sofort aufgeschmissen. Auf der anderen Seite ist auch klar: Man muss dranbleiben. Wissen verblasst, wenn man es nicht nutzt. Also müssen neben der regulären Planung auch diese Einsätze mitgedacht und koordiniert werden.

6. Welches People-Thema geht dir zurzeit auf den sprichwörtlichen Keks?
Die Arbeitszeiterfassung. Wir reden ständig über mehr Flexibilität – und führen gleichzeitig Regeln ein, die alles wieder verkomplizieren. Und das Thema demografischer Wandel… Wir wissen seit Jahren, was kommt. Und dennoch stellt uns das Thema vor immer neue Herausforderungen.

“Wir machen das jetzt einfach. – Das ist unser Motto in der Personalarbeit.”

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7. Und wenn mal wieder alles festgefahren scheint – welchen Satz sagst du dir dann?
„Wir machen das jetzt einfach.“ Das ist unser Motto in der Personalarbeit. Man weiß nie, wie die Leute reagieren. Man kann nicht alles durchplanen. Also: ausprobieren, mutig sein – und im Zweifel auch mal was in den Sand setzen. Hauptsache, wir bewegen uns.

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