HR als strategischer Partner

Anspruch und Realität – die Diskussionsrunde

Unsere im Februar gemeinsam mit Gallup veröffentlichte Studie „State of HR” erhielt große Aufmerksamkeit und sorgte für Gesprächsstoff. Sie zeigte, dass es HR an emotionaler Bindung im eigenen Bereich, an strukturellen Voraussetzungen für eine wirksame Zusammenarbeit und Entscheidungsfindung sowie an unternehmensweiter Anerkennung des eigenen strategischen Beitrags fehlt. 

Um diesen Befund einzuordnen und weiterzudenken, haben wir in der vergangenen Woche vier ExpertInnen mit unterschiedlichen Perspektiven an einen Tisch geholt: 

  • Rainer Straub, Herausgeber Personalmagazin
  • Prof. Dr. Torsten Biemann, Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Personalmanagement und Führung an der Universität Mannheim,
  • Marco Nink von Gallup, als Mitautor der Studie und
  • Ekaterini Floros, Head of HR bei ZF Group, als Stimme aus der HR-Praxis

„Wo steht HR aktuell – und was braucht es, damit HR zur echten strategischen Schlüsselrolle wird?“ 

Bereits bei der Diskussion zur Methodik wurde klar: Engagement lässt sich nicht nur auf dem einen Weg messen. Marco Nink erläuterte, wie man bei Gallup den Begriff Employee Engagement versteht und misst: „Wir definieren Employee Engagement – im Deutschen emotionale Mitarbeiterbindung – als Bereitschaft und Begeisterung, die Mitarbeitende an ihrem Arbeitsplatz und bei ihrer Arbeit zeigen. Im Rahmen von Mitarbeitendenbefragungen werden zwölf Aspekte gemessen, die durch das Unternehmen oder die Führungskraft direkt beeinflussbar sind.“  

Screenshot der digitalen Podiumsdiskussion

Prof. Dr. Biemann regte an, statt über Fragestellungen, die das Unternehmen betreffen, einfach mal die Mitarbeitenden direkt zu fragen, wie zufrieden sie mit ihrem Job sind. Er betonte außerdem, dass es wichtig sei, die wissenschaftlichen Begrifflichkeiten in der Praxisdiskussion nicht zu vermischen: „Emotionale Bindung, Commitment, konstruktives Voice Behavior – das fließt in vielen Diskussionen zu Führung und Engagement zu sehr ineinander.“  

Ekaterini Floros machte deutlich, dass sie HR – anders als in der Studie dargestellt – nicht nur in ihrer aktuellen Position, sondern in ihrer gesamten Laufbahn, HR als sehr motiviert und commited wahrnimmt. Sie gab jedoch zu bedenken: „Gerade die kritischeren Stimmen in der Organisation gilt es ernst zu nehmen und vor allem in Transformationszeiten einzubinden.“ 

“Gerade die kritischeren Stimmen in der Organisation gilt es ernst zu nehmen und vor allem in Transformationszeiten einzubinden.”

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Mit Blick auf die Bedeutung von Emotionaler Bindung betonte Marco Nink: „In Teams in denen die zwölf Bedürfnisse, die wir in der Studie abfragen, erfüllt sind, zeigt sich, dass diese produktiver sind, weniger Fehlzeiten haben, weniger Arbeitsunfälle passieren und dass die Kundenbewertungen höher ausfallen. Es gibt eine Kausalität zwischen dem, was ich am Arbeitsplatz erlebe und dem, was bei der Arbeit rauskommt. HR hat mit der Kultur und der Führungsqualität ein Werkzeug an der Hand, dies zu beeinflussen.“ 

Thorsten Biemann machte klar, dass es nicht den einen Führungsstil gibt, der in Hinblick auf ein hohes Engagement „funktioniert“. Die Effekte der emotionalen Bindung auf den Unternehmenserfolg sollten aber auch nicht überbewertet werden. Viele dieser Effekte, die einen Einfluss haben, sind noch nicht wissenschaftlich erklärbar.  

Rainer Straub lenkte den Blick auf die Rolle von HR als strategischer Partner: „Ich glaube, HR sollte den Fokus noch stärker auf den wirtschaftlichen Erfolg richten. Natürlich muss man auf die Bindung der Mitarbeitenden achten, aber gleichzeitig muss HR den ,Binnenblick‘ verlassen und dafür sorgen, dass der Unternehmenserfolg und die Jobs auf Dauer gesichert werden. HR muss strategisch mitgestalten und die Dinge selbst in die Hand nehmen – es wird einem nicht zugewiesen“. Er betonte aber auch „Die Klage, nicht ausreichend eingebunden zu werden, hört man auch von Professionen wie Controlling oder Marketing. Hier muss man die Studienergebnisse auch einfach etwas relativieren.“ 

“HR muss strategisch mitgestalten und die Dinge selbst in die Hand nehmen – es wird einem nicht zugewiesen.”

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Marco Nink nimmt wahr, dass der Wertbeitrag der der HR-Funktion häufig nicht ausreichend quantifiziert wird: „Im Vergleich mit anderen Funktionen wie Vertrieb oder Finance fällt auf, dass HR seinen  Beitrag zum Unternehmenserfolg oft nicht durch Daten aufzeigt. Dabei ist HR in einer guten Position, denn ohne HR läuft im Unternehmen nichts. Aber das muss man bezogen auf den Employee Lifecycle auch durch Kennzahlen sichtbar machen.“ 

Ekaterini Floros unterstrich: „Wir dürfen nicht darauf warten, gesehen zu werden. Wir müssen zeigen, wofür wir stehen und was wir beitragen durch Wirkung, Haltung und Mut.“

“Wir müssen zeigen, wofür wir stehen und was wir beitragen durch Wirkung, Haltung und Mut.”

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Die Diskussion hat gezeigt: 

  • Emotionale Bindung ist wichtig, vor allem Voraussetzung für eine glaubwürdige Transformation. 
  • Messbarkeit des Unternehmensbeitrags und Dialog sind entscheidend für die Anerkennung der HR-Funktion im Unternehmen. 
  • Die strategische Rolle erfordert den Blick über den Tellerrand, unternehmerisches Denken, Mut zur Haltung und gezielte Sichtbarkeit.