„Wir erleben eine doppelte demografische Herausforderung“

Claudia Franko, Leiterin der Abteilung Personal in der Deutschen Rentenversicherung Bund, darüber, wie eine alternde Organisation zukunftsfit wird und warum es in der Personalarbeit ohne Digitalisierung und Change-Management nicht mehr gehen wird

In der Deutschen Rentenversicherung Bund liegt das Durchschnittsalter der Beschäftigten bei über 49 Jahren – und in den nächsten 15 Jahren wird rund die Hälfte der 26 000 Mitarbeitenden altersbedingt ausscheiden. Für Personalchefin Claudia Franko ist Verrentung also das Thema schlechthin. Sie beschreitet von der Ausbildung von Nachwuchskräften über das Talentmanagement bis zu altersgerechten flexiblen Arbeitszeitmodellen innovative Wege.

Claudia Franko ist seit dem 1. Januar 2024 die Leiterin der Abteilung Personal in der Deutschen Rentenversicherung Bund. Der berufliche Weg der 46‑Jährigen führte von der Tätigkeit als Personalreferentin zu verschiedenen (Leitungs‑)Funktionen mit dem Fokus auf Personalmanagement, Organisations- und Personalentwicklung, Entwicklung von Führungskultur und Zusammenarbeit, Neuausrichtung der Führungskräfteentwicklung sowie Führung zentraler Veränderungsprozesse. Franko hat Betriebswirtschaftslehre an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg studiert und ist systemische Organisationsberaterin. Sie verantwortete zuvor das Personalmanagement der Stadt Leipzig mit 9200 Beschäftigten und blickt auf mehr als 15 Jahre Führungserfahrung im Personalbereich zurück.

Frau Franko, was ist das Besondere an der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) und der Personalarbeit in diesem Bereich?

Claudia Franko Als Deutsche Rentenversicherung Bund sind wir für das Thema Absicherung im Alter, bei Erwerbsminderung, bei Hinterbliebenen, aber auch in der Bearbeitung von Reha-Anträgen und dergleichen der größte Träger in der Bundesrepublik. Wir sind als eine Anstalt des öffentlichen Rechts stark geprägt von der Erfüllung eines gesetzlichen Auftrags. Das zeichnet uns aus und spiegelt sich auch in der Personalarbeit wider. Das Charmante an dem, was wir da tun, ist, dass wir einen starken Beitrag zum Gemeinwohl in Deutschland leisten und insbesondere für die soziale Stabilität. Wir brauchen im Gegensatz zu manch anderer privater Organisationen also nicht nach einem Purpose zu suchen – unsere Arbeit ist per se sehr sinnstiftend. Im Alltag, wahrscheinlich auch in der Sachbearbeitung etwa von Renten- und Reha-Anträgen, mag das immer mal ein bisschen untergehen, weswegen wir im Personalmanagement dafür sorgen, dass allen das Sinnstiftende ihrer Tätigkeit stets bewusst ist. 

“Wir brauchen im Gegensatz zu manch anderer privater Organisationen nicht nach einem Purpose zu suchen – unsere Arbeit ist per se sehr sinnstiftend”

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Was noch dazukommt, sind viele rechtliche regulatorische Rahmenbedingungen, in denen wir agieren. Alles das, was wir tun, insbesondere natürlich in unserem Kerngeschäft, ist stark geprägt von Gesetzen, von Verordnungen, die sich direkt auf unsere Leistungsbearbeitung auswirken. Und ähnlich geht es uns im Übrigen auch im Personalmanagement. Das trifft eigentlich alle Arbeitgeber im öffentlichen Dienst. Da schlägt Artikel 33 des Grundgesetzes klar durch auf das operative Recruiting. Heißt: Wir dürfen Stellen nur nach Eignung, Leistung und Befähigung besetzen. So heißt es tatsächlich im Grundgesetz. Das sind Regelungen, mit denen die Privatwirtschaft nicht so viel zu tun hat wie wir. Um diese Regelungen ranken sich viele Rechtsprechungen. Das ist schon sehr besonders und stellt uns im Personalmanagement vor ein paar Herausforderungen.

Die DRV Bund zählt 16 unabhängige Trägergesellschaften bundesweit und verschiedenste Fachbereiche mit jeweils eigener Geschäftsführung. Sie sind von der Nordseeküste bis zu den Alpen, von der Großstadt bis zum Kurort an 27 Standorten vertreten. Wie gelingt es angesichts dieser Komplexität, benötigte Skills und Kräfte zu identifizieren und Personal entsprechend zu rekrutieren?

Franko Wir haben tatsächlich die Eigenständigkeit in der Trägerlandschaft: Wir als Deutsche Rentenversicherung Bund sind ein eigener Träger, und die anderen Träger verantworten in ihrer eigenen Zuständigkeit ihre Personalthemen. Ich bin hier verantwortlich für das Personalmanagement von knapp 26 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Gleichzeitig denke ich, dass uns alle, über alle Träger hinweg, ähnliche Themen im Recruiting einen. Da haben wir an erster Stelle eine große Fachkräftelücke. Wir sagen in der DRV Bund immer gerne, dass wir eine doppelte demografische Herausforderung zu bewältigen haben: Wir haben auf der einen Seite in der gesamten Bundesrepublik die Situation, dass die Babyboomer-Generation in die Altersrente eintritt und wir unheimlich viele Altersrentenanträge bearbeiten müssen.

Auf der anderen Seite sind wir eben selbst eine alternde Organisation, was das Lebensalter anbelangt. In der DRV Bund haben wir ein Durchschnittsalter von über 49 Jahren, und uns verlassen in den nächsten 15 Jahren ungefähr 50 Prozent unserer Beschäftigten. Es ist eine riesige demografische Herausforderung, vor der wir stehen, und das bei stetig steigenden Altersrenten- und Reha-Anträgen. Aber trotz alledem ist jeder Träger erst mal für sein eigenes Personalmanagement zuständig.

“n der DRV Bund haben wir ein Durchschnittsalter von über 49 Jahren, und uns verlassen in den nächsten 15 Jahren ungefähr 50 Prozent unserer Beschäftigten. Es ist eine riesige demografische Herausforderung (...).”

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Fachkräfte selbst ausbilden

Generell gesprochen: Welche Skills werden künftig Ihrer Meinung nach stark gefragt sein?

Franko In erster Linie müssen wir Kompetenzen aufbauen in Richtung Veränderungsfähigkeit der Belegschaft wie auch in der gesamten Organisation. Wir müssen uns unbedingt mit dem Thema digitale Kompetenzen beschäftigen. Ein großes Ziel ist es, die Digitalisierung in der Deutschen Rentenversicherung Bund voranzutreiben. Das bedeutet natürlich, dass wir einen Schwerpunkt darauf legen müssen, die digitalen Fähigkeiten unserer Beschäftigten zu entwickeln und auch Innovationskompetenzen zu fördern.

Oder auch bei Neueinstellungen darauf zu achten, dass es uns gelingt, Menschen zu gewinnen, die diese zukunftsträchtigen Kompetenzen mitbringen. Ein dritter Punkt, den ich beim Thema Kompetenzmanagement besonders wichtig finde, sind Führungsfähigkeiten. Welche Anforderungen stellen wir eigentlich an gute Führungskräfte? Welche Kompetenzen werden künftig gebraucht? Und wenn wir Führung künftig als Fähigkeit verstehen wollen, Dinge zu ermöglichen, dann gilt es, Freiräume zu schaffen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu motivieren, sich einzubringen. Deshalb steht das Thema Führungskompetenzen und Entwicklung unserer Führungs- und Zusammenarbeitskultur oben auf der Agenda. Das sind aus meiner Sicht die Top-Future-Skills, zusätzlich zu den klassischen Dingen wie Fachkompetenzen.

“Wir müssen Kompetenzen aufbauen in Richtung Veränderungsfähigkeit der Belegschaft wie auch in der gesamten Organisation. Wir müssen uns unbedingt mit dem Thema digitale Kompetenzen beschäftigen. Und besonders wichtig sind Führungsfähigkeiten. Das sind aus meiner Sicht die Top-Future-Skills.”

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Auch das ist bei uns schon etwas Besonderes, weil für die Menschen, die wir in unserem Kerngeschäft brauchen – für Reha, Rente und Versicherung –, gibt es de facto kaum einen Markt. Was bedeutet, dass wir beispielsweise Sozialversicherungsfachangestellte mit Schwerpunkt Rente selbst ausbilden müssen.

Über die eben genannten Themen und Bereiche hinaus: Gibt es noch andere wichtige Zukunftsthemen, die Sie sehen und auf die HR reagieren muss?

Franko Wir haben fünf große Themenfelder für uns im HR-Management identifiziert. Das ist erstens, wie beschrieben, die doppelte demografische Herausforderung. Das ist zweitens das strategische Kompetenzmanagement. Da müssen wir uns komplett neu aufstellen und sagen: Welche Kompetenzen brauchen wir in der Zukunft, und was können wir tun, um unser Bestandspersonal dahin zu entwickeln? Drittens müssen wir uns mit der Frage der Attraktivität der Arbeitgeberin DRV Bund beschäftigen. Und da meine ich nicht nur in Richtung Außenwelt und externe Bewerber, sondern damit meine ich eben auch im Innenverhältnis. Was müssen wir tun, damit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerne bei uns arbeiten und dann am Ende bei uns bleiben?

“Wir haben fünf große Themenfelder für uns im HR-Management identifiziert: die doppelte demografische Herausforderung, das strategische Kompetenzmanagement, Attraktivität als Arbeitgeberin, Gestaltung der Führungs- und Zusammenarbeitskultur und Digitalisierung der Personalarbeit.”

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Auch die Ermöglichung einer Weiterbeschäftigung über die gesetzliche Altersrente hinaus beschäftigt uns gerade stark, verbunden immer mit der Frage, wie es uns gelingt, altersgemischte Teams zu gestalten, bei denen von der Babyboomer-Generation bis hin zu Generation Alpha Welten aufeinanderprallen. Viertens müssen wir uns beim Thema Führungs- und Zusammenarbeitskultur fragen, wie Arbeitsumfelder so gestaltet werden, dass sie Agilität und Innovation fördern. Die Frage ist: Wie können wir unsere Kultur entwickeln, dass sich eine öffentliche Institution, die ja eher von Stabilität und Beständigkeit geprägt ist, wandelt, innovativ wird und sich digitalisiert? Fünftens geht es um die Digitalisierung der Personalarbeit. Kompetenzmanagement kann man nun mal nicht mit Excel machen. Hier wollen wir uns perspektivisch digital aufstellen. Wir haben viele Ideen, die wir umsetzen wollen. Allerdings zählen wir zu den Organisationen der kritischen Infrastruktur in Deutschland. Das heißt, bei uns unterliegt selbst eine Softwareeinführung ganz speziellen Prozessen, um die erhöhten Anforderungen an IT-Sicherheit zu erfüllen. In diesem Umfeld Personalsoftware zu finden, die modern und zukunftsorientiert ist, aber auch die strengen Anforderungen bei kritischer Infrastruktur erfüllt, das ist nicht so ganz einfach.

Noch ein weiteres Thema ist mir wichtig. Wir wollen in unserer Behörde Personalarbeit machen, die die Beschäftigten in den Fokus nimmt. Wir wollen unsere Beschäftigten als interne Kundinnen und Kunden sehen und unsere Personalarbeit serviceorientiert ausrichten. Hierfür haben wir ein Projekt gestartet – es heißt HRnext. Personalarbeit in einer End-to-End-Verantwortung zu denken und Prozesse so aufzusetzen, dass sie schnell, einfach und ergebnisorientiert sind, das ist unser Ziel. Auch hierdurch hoffen wir, eine moderne Servicekultur und eine starke Zufriedenheit mit der Arbeitgeberin DRV Bund zu bewirken.

“Wir wollen unsere Beschäftigten als interne Kundinnen und Kunden sehen und unsere Personalarbeit serviceorientiert ausrichten.”

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Flexible Lösungen für Ältere

Sie hatten erwähnt, dass demnächst sehr viele Mitarbeitende in Rente gehen werden. Da stellt sich die Frage, was Sie unternehmen, um Ältere länger im Unternehmen zu halten? Gibt es da Initiativen?

Franko Ja, die gibt es. Im betrieblichen Gesundheitsmanagement bieten wir spezielle Programme, um das Thema Gesunderhaltung auch älterer Beschäftigter in den Blick zu nehmen. Wir haben jetzt gerade ein neues Projekt aufgesetzt, bei dem wir uns mit der Frage beschäftigen, wie wir unsere Beschäftigten, die in die Regelaltersrente eintreten, möglicherweise davon überzeugen, stundenweise, für einzelne Wochentage oder monatsweise bei uns weiterzuarbeiten. Wir sind ganz frohgemut, dass auch der Gesetzgeber da einiges auf den Weg bringen will. Aus meiner Sicht ist erforderlich, auch im Teilzeit- und Befristungsgesetz Befristungsmöglichkeiten zu schaffen, damit man das machen kann. Ich denke aber, dass wir hier auf einem guten Weg sind.

Und auf der anderen Seite müssen wir sehr flexible Arbeitsbedingungen schaffen, damit es attraktiv ist, neben der Rente noch ein wenig weiterzuarbeiten. Ich stelle mir solche Modelle vor, die es ermöglichen, zum Beispiel ein halbes Jahr im Ausland zu leben und im zweiten Halbjahr vielleicht tage- oder wochenweise bei uns, gerne auch digital im Homeoffice-Modus, zu arbeiten – dann, wenn die Person Lust und Zeit dafür hat. Ich bin überzeugt davon, dass wir wegkommen müssen von starren Teilzeitmodellen im Sinne von: Du musst hier aber wenigstens drei Tage die Woche im Homeoffice arbeiten können. Besser sind hochflexible Modelle, die den Leuten, die in Rente gehen, ermöglichen, ihre privaten Angelegenheiten in Einklang zu bringen mit ihrem Interesse daran, bei uns noch stückchenweise weiterzuarbeiten. Aus meiner Sicht ist das die Zukunft.

“Wir müssen sehr flexible Arbeitsbedingungen schaffen, damit es attraktiv ist, neben der Rente noch ein wenig weiterzuarbeiten.”

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Wie möchten Sie insbesondere junge Mitarbeitende für das Unternehmen gewinnen, die die DRV  und wahrscheinlich nicht unbedingt auf dem Radar haben?

Franko Wir haben in den letzten Jahren massiv in das Thema Recruiting von Nachwuchskräften investiert und auch in das Thema Ausbildung von Nachwuchskräften. Wir haben uns vor ein paar Jahren auf den Weg gemacht, unsere Ausbildung komplett neu aufzusetzen, um eine praxisorientierte Ausbildung anzubieten. Dazu haben wir sogenannte Lern-Labs bei uns in der DRV Bund eingerichtet, mittlerweile auch an unseren unterschiedlichen Standorten in Berlin, Würzburg, Stralsund oder Gera.

Was ist ein Lern-Lab, und wie funktioniert es?

Franko In den Labs beschäftigen wir Lernberaterinnen und Lernberater, die möglichst aus der Praxis kommen und die an echten Praxisfällen unseren Nachwuchskräften zeigen, wie unser Geschäft funktioniert. Der Nachwuchs lernt nicht theoretisch, wie man eine Rente berechnet, sondern an echten Fällen. Das Ganze passiert in modernen, offenen Flächen innerhalb der DRV Bund. Das sind Arbeitswelten, farbenfroh und toll möbliert, wo sich die jungen Leute oder die auszubildenden Nachwuchskräfte in ihren Gruppen treffen und auch ihre Ausbildung absolvieren.

“In unseren Lern-Labs beschäftigen wir Lernberaterinnen und Lernberater, die möglichst aus der Praxis kommen und die an echten Praxisfällen unseren Nachwuchskräften zeigen, wie unser Geschäft funktioniert.”

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Dazu vielleicht ein paar Zahlen: Wir bilden als DRV Bund insgesamt ungefähr 2000 Nachwuchskräfte aus, zum Beispiel zur Sozialversicherungsfachangestellten oder zum Sozialversicherungsfachangestellten, aber auch Fachinformatiker*innen gehören zu unserem Ausbildungsportfolio. Zudem können Studierende mit einem Faible für Sozialversicherungsrecht oder Informatik bei uns an der Hochschule des Bundes ein Bachelorstudium absolvieren. Wir haben in den letzten Jahren massiv Nachwuchskräfte aufgebaut: Vor zehn Jahren hatten wir insgesamt ungefähr 500 Nachwuchskräfte, und jetzt sind es 2000. Das gelang unter anderem durch gezieltes Nachwuchskräftemarketing mit verschiedenen Bewerbertagen, aber auch durch Active Sourcing über Social Media. Wir sind in den unterschiedlichsten Plattformen aktiv und merken, dass wir da sein müssen, wo die Zielgruppe ist. Bei den Bewerbertagen führen wir im Idealfall auch gleich kurze Gespräche, treffen Auswahlentscheidungen und bieten einen Ausbildungsvertrag an. Wir versuchen, sehr, sehr schnell und effizient zu sein.

Inhouse zum Systemprogrammierer

Sie sind Dienstleister für rund 33 Millionen Versicherte, Rentner und Rentnerinnen und bieten somit ein außergewöhnlich vielseitiges und anspruchsvolles Tätigkeitsfeld in den unterschiedlichsten Berufen. Welche Kräfte sind besonders gesucht?

Franko Wir suchen Juristinnen und Juristen, Informatikerinnen und Informatiker, aber auch Ärztinnen und Ärzte für gutachterliche Aufgaben oder für unsere Reha-Kliniken. Unser Fokus liegt aber in jedem Fall auf unserem Kerngeschäft: Reha, Rente und Versicherung. Hier suchen wir Fachkräfte mit den entsprechenden sozialversicherungsrechtlichen Kompetenzen. Dabei setzen wir in erster Linie auf unsere eigene Ausbildung. Hierfür suchen wir Auszubildende für die Sozialversicherung, also Sozialversicherungsfachangestellte, aber auch ITler. Wir bieten jede Menge IT-Ausbildungsberufe an. Spannend ist, dass wir beispielsweise unsere Software für die Rentenberechnung selbst im Haus programmieren. Dementsprechend brauchen wir Menschen, die bei uns direkt in die Systemprogrammierung einsteigen können.

An welchen Stellen treiben Sie die digitale Transformation noch voran? Sei es nun in der Personalarbeit, in Ihrem Bereich selber, aber eben auch in den Köpfen Ihrer Mitarbeitenden. Auf welche Widerstände stoßen Sie da möglicherweise?

Franko Zum einen ist es uns als größter Träger der Deutschen Rentenversicherung wichtig, unsere Angebote und Leistungen digital abbilden zu können, um Menschen, die Renten- oder Reha-Anträge stellen, künftig auch noch mehr digitale Möglichkeiten anzubieten. Das ist uns ein wichtiges Anliegen und dazu sind wir auf einem guten Weg. Es gibt in der DRV Bund eine Digitalstrategie für die gesamte Organisation, mit der wir all diese Digitalisierungsvorhaben zusammenbinden und versuchen, diese unter einen Hut zu bringen. Das gelingt uns, glaube ich, auch ganz gut. Es gibt beispielsweise die Digitale Rentenübersicht, mit der sich Menschen, die sich ein Bild davon machen wollen, wie es mit ihren Altersbezügen aussieht, dies einfach online anschauen können – wirklich ein großer Fortschritt im Vergleich zu früher. Natürlich müssen wir bei der umfassenden Digitalisierung auch unsere Beschäftigten mitnehmen und Kompetenzen aufbauen. Denn wer zu solchen digitalen Angeboten berät, muss selbst verstehen, wie sie funktionieren. Hier gibt es bei uns umfangreiche Schulungsmöglichkeiten.

“Es gibt in der DRV Bund eine Digitalstrategie für die gesamte Organisation, mit der wir all diese Digitalisierungsvorhaben zusammenbinden und versuchen, diese unter einen Hut zu bringen.”

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Auch mit dem Thema KI beschäftigen wir uns intensiv. In unserem KI-Labor entwickeln wir Ideen zur Anwendung von KI in unserem Haus und probieren in einem geschützten Rahmen einfach mal aus, wie uns KI helfen kann, unsere Arbeit noch besser zu machen. Das stößt auf gute Resonanz, und wir haben viele Ideen und Ansatzpunkte, wie wir digital und vielleicht auch KI-gestützt künftig unterwegs sein können. Im Personalbereich haben wir uns auf die Fahne geschrieben, uns neu aufzustellen, und da wird auch die Digitalisierung der Personalarbeit eine große Rolle spielen. Wir sind momentan dabei, uns für die Einführung von SAP SuccessFactors für die Personalarbeit vorzubereiten. Wir haben im Jahr 2024 hierfür ein Analyseprojekt durchgeführt und sind nun hoffentlich gut vorbereitet für das Einführungsprojekt. Für uns als große Behörde ist das ein echter Meilenstein.

Change als HR-Kernkompetenz

Wie und wo könnte KI künftig noch interessant werden, etwa bei der strategischen Personalplanung oder beim Skill-Management?

Franko Momentan nutzen wir noch gar keine KI-Tools für die Personalarbeit. Aber wir werden uns auf den Weg machen. Wir wollen soft anfangen, etwa mit Tools wie Chatbots, um im Personalservice wirksamer zu werden. Da verspreche ich mir einen großen Nutzen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, indem wir einen besseren Service anbieten können. Aber auch für uns in der Personalabteilung sehe ich einen Benefit, weil wir so Ressourcen für andere Aufgaben gewinnen. Beim Thema Skill-Management könnte ich mir grundsätzlich auch vorstellen, dass man das mit KI unterstützen kann. Trotz alledem brauchen wir erst mal für uns ein Konzept, wie wir ein gutes Skill-Management in der DRV Bund aufbauen wollen und wie das eigentlich ausgestaltet sein soll. Wir werden in unserer Personalabteilung ein Kompetenzteam Digitalisierung in der Personalarbeit aufbauen. Und dann sehen wir mal, wie wir in den nächsten Monaten mehr Fahrt in Richtung Digitalisierung aufnehmen können. Ich freue mich jetzt schon auf viele Ideen und Projekte dazu.

“Aus meiner Sicht führt kein Weg daran vorbei, dass man sich als Führungskraft als Change-Manager verstehen muss.”

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Mit Blick auf die Herausforderungen und den Wandel, der bei Ihnen auf verschiedenen Ebenen stattfindet: Müssen Personalverantwortliche stärker denn je Change-Manager sein?

Franko Auf jeden Fall. Aus meiner Sicht führt kein Weg daran vorbei, dass man sich als Führungskraft als Change-Manager verstehen muss. Und ich glaube, wenn man heute mit einer Führungskraft spricht und sie sagt: „Oje, das Verständnis habe ich nicht von meiner Arbeit“, dann muss man schon fast die Eignung als Führungskraft infrage stellen. Ich wüsste gar nicht, ob wir in der Deutschen Rentenversicherung Bund überhaupt einen Arbeitsbereich haben, in dem es gerade keine Veränderungen gibt. Aus meiner Sicht ist Change-Management eine der Basiskompetenzen, die man als Führungskraft haben muss – auch oder eben gerade in der öffentlichen Verwaltung.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Gespräch führte Chris Löwer.